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ist die Verschiedenartigkeit der Form einer
Palme von der einer Tanne klar erkennbar. Der
Maler wird diese dem malerischen Wert ent
sprechend in seinem Bilde festhalten. Der Ge
brauchsgraphiker wird von Konstruktion und
Proportionen ausgehen und Details vermeiden,
welche die Klarheit der Darstellung, aus der
Entfernung gesehen, reduzieren. Form und Cha
rakter des Baumes müssen in der kleinsten
Dimension erkennbar sein. Farbe ist für den Ge
brauchsgraphiker einer der wichtigsten Faktoren
der Stilisierung. Die Beschränktheit der Farben
anzahl im Druck wird es manchesmal bedingen,
eine Landschaft in zwei oder drei Farben zu
repräsentieren, und doch muß die spezifische
Atmosphäre gewahrt und gesteigert werden. Wir
müssen daher wissen, daß die Farben wie die
Formen ihre eigenen Proportionen und Dimen
sionen besitzen.
Ein anderes Problem, welches häufig den Ge
brauchsgraphiker beschäftigt, ist das Problem
des Materials. Jedes Material besitzt seinen
eigenen Charakter und seine eigene Struktur,
so wissen wir, daß z. B. Stahl einen absolut
anderen Materialcharakter hat als Glas. In der
realistischen Malerei wird das Glas mit Glanz
lichtern dargestellt, was jedoch nicht dem pri
mären Charakter des Glases entspricht, denn
auch andere Materialien werden damit reprä
sentiert. Das charakteristische Merkmal von Glas
ist die Transparenz. Es ist daher das erste Pro
blem, die Transparenz des Glases in der stili
sierten Wiedergabe zu steigern und zu effektvol
lem Ausdruck zu bringen.
Auch das Portrait spielt eine wesentliche Rolle
in den Aufgaben des Reklamekünstlers. Er muß
wissen, daß nicht das Detail das Portrait macht,
sondern die Proportion. Um ein Portrait auf die
abstrakte Form bringen zu können, ist es wich
tig, vor allem die Konstruktion der Anatomie des
Kopfes zu erkennen sowie die psychischen
Ursachen und die Variationen menschlicher Ge
fühle; nur dann kann der Künstler die Individua
lität des Betreffenden darstellen und steigern.
Dasselbe wie beim Portrait gilt auch für die
menschliche Figur, nur ergibt sich hier noch
zuzüglich eines der wichtigsten und schwierig
sten Probleme, das der Bewegung; wobei nicht
gemeint ist, daß man den Körper nur in Bewe
gung zeigt, laufend oder springend, da auch der
ruhende Körper den Ausdruck der Bewegung
hat. In dieser Erkenntnis liegt für den Künstler
die Möglichkeit der Darstellung der inneren
Spannung des Körpers, die in der Photographie
niemals erreicht werden kann. Die erhabene
Schönheit und die dynamische Kraft der grie
chischen Skulpturen liegt in der Betonung der
inneren Spannung. Das Erkennen dieser inneren
Spannung ist die erste Aufgabe des Gebrauchs
graphikers und ihre Darstellung sein schöpferi
sches Ziel.
Auch in der Natur sind bestimmte Linien zu be
obachten, welche neben der repräsentativen Ge
staltung auch dem Ausdruck dienen können. Die-