MAK
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dem „graphic design“ von heute noch deutlich 
erkennbar. 
Seiner Zeit voraus zu sein, macht den Künstler. 
Was habe ich mich vor dreißig Jahren bemüht, 
die orthogonaie Perspektive in ihrer Relation zu 
dem Sujet zu erklären. Diese Art der bildlichen 
Darstellung von Objekten wird heute generell 
angewendet (6. Oktober 1965). 
Der Protest war allgemein, als ich zum ersten 
Male in meinen Plakaten und Verpackungsent 
würfen einen weißen Hintergrund verwendete. 
Heute ist er durchwegs akzeptiert. Früher muß 
ten alle Hintergründe in Farbe gehalten sein. In 
unserer raschlebigen Zeit werden Erfindungen 
des Geistes Allgemeingut. Nur auf dem Gebiet 
der Wissenschaft wird der Erfinder respektiert 
.. .wie immer es sein mag, ich sah den weißen 
Hintergrund nicht als Farbe, sondern als 
„Raum“. 
Während meiner Lehrtätigkeit wurde oft die 
Frage an mich gestellt: ,,Can a living be made, 
with what you teach.“ Ich lernte bald das große 
Interesse der jungen Studenten erkennen. Diese 
Ausdauer machte meine Arbeit nicht leichter, da 
ich mindestens täglich 60 Zeichnungen über 
zeichnen und korrigieren mußte. Mr. Keily, der 
Dean des Art Institutes in Chicago, konnte sich 
nicht enthaiten, anläßlich der Alumni-Feier zu 
sagen, Binder gäbe den Klassen „a good time“, 
aber auch sehr viel Arbeit. 
Ich legte meinen Standpunkt klar, daß auf dem 
Wege der Imitation oder auf dem Wege des 
Schöpferischen gelehrt werden könne. Johannes 
Brahms studierte 13 Jahre die Originalmanu 
skripte und Kompositionen in der Nationalbiblio 
thek in Wien, bevor er selbst zu komponieren 
begann. Zur Selbstbefreiung braucht man Hilfe 
(1968). 
„Design“ hat sich im internationalen Sprach 
gebrauch eingebürgert. 
Meine Anerkennungen sind meine Biographie, 
meine Plakate sind die Lehrer. 
Auf ein Zeichenbrett zeigend, welches voll von 
Löchern der Reißnägel war: „Das ist das Selbst- 
portrait eines Künstlers.“ 
Der Zeitgeist der Gegenwart ist ein konstruktiver 
Zeitgeist. Stiiisieren heißt zeichnen im Stil der 
Zeit. Stilisieren kommt von dem Wort Stil. Stil ist 
die künstlerische Ausdrucksform eines Zeitge 
dankens. 
In der ästhetischen Umgebung erhöht sich unser 
ethisches Bewußtsein. Kunst ist der Gradmesser 
dieses Bewußtseins und der Kuitur einer Nation. 
Reklame in ihrer Überzahl gegenüber den visuel 
len Impressionen aller Museen und Galerien ist 
wie kein anderes Mittel geeignet, geschmack 
bildend auf die Allgemeinheit einzuwirken.
	        
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