hutsam angedeutete Vermutung verwandelt sich in den folgenden
Jahrzehnten zu einer auf nichts gegründeten festen Behauptung.
Bei Ogesser ist der Stiftsbrief für eine Messe zitiert, in dem die
Bezeichnung Herzogkapelle ganz eindeutig für die Eligiuskapclle
in Anspruch genommen wird — ein Stiftsbrief aus dem Jahre
1394. Selbst bei Tschischka, „Der Stephansdom in Wien und
seine alten Denkmale der Kirnst“ 1832 heißt es: „Sie (die
Eligiuskapelle) hieß ursprünglich die Herzogenkapelle.“ Die
Bezeichnung Herzogkapelle für die EligiuskapeLle legt die Ver
mutung nahe, daß diese Kapelle einstens die Bildnisse der Habs
burger enthielt, von denen sich sechs und vier Scheiben mit
zweimal drei zugehörigen Architekturscheiben erhalten haben.
Im 17. Jahrhundert wurde die Kirche durch Entfernen von
mittelalterlichen Glasmalereien aufgehellt. Dies trifft auch für
die Eligiuskapelle zu, die 1662 unterteilt wurde in eine Tauf- und
Kopulationskapelle. Bei dieser Gelegenheit mochte man aus
Pietätsgründen Scheiben aus der Eligiuskapelle in die darüber
liegende Bartholomäuskapelle gerettet haben, von wo sie nach
einigen Jahrzehnten der Ruhe in die Fenster über dem Prim-
glöcklein-, bzw. dem Adlertor verbracht wurden. Bei der
Übersiedlung in die Bartholomäuskapelle mußte mit geringeren
Scheibenformaten das Auslangen gefunden werden, das heißt die
Scheiben wurden auf das heutige schlanke Maß in Höhe und
Breite zugestutzt.
Zu Ogessers Zeiten gab es noch elf Bildnisscheiben. Herzog Leo
pold II. ist offenbar auf dem Wege aus der Bartholomäuskapelle
zum Primglöckleintor verloren gegangen.
Die klare dreidimensionale Anordnung des architektonischen
Schreines mit dem Erfindungsreichtum an Einzelheiten stellt
diese Scheibengruppe in die Mitte zwischen die flachen zeich
nerischen Architekturrahmungen von Königsfelden und die üppigen
Bühnenarchitekturen, etwa der Regensburger Dreikönigs- oder
31