50 BIBLIA, ALTES VND NEWEN TESTAMENT. FRANKFURT, CHR.
EGENOLPH, 1534 Tafeln 40 und 41
Folioausgabe
Titelblätter und 80 Holzschnittillustrationen, 5:7 cm, von H. S. Beham
Ritter, S. 54; Inv. Nr.: 5002 (B II 8)
Ein halbes Jahr vor Luthers erster Gesamtausgabe einer Bibel, 1534, erschien in
Frankfurt am Main im Verlag von Christian Egenolph, der Humanist war und sich
weit mehr als Wissenschaftler denn als Verleger oder Drucker fühlte, eine Luther
bibel. Nicht von Luther stammen in dieser Ausgabe die Übersetzungen der apokryphen
Texte — hier von Leo Jud — und die beiden Makkabäerbücher in einer Übertragung
von Melanchthon, Teile, die von Luther bearbeitet erst in der Wittenberger Gesamt
ausgabe des gleichen Jahres 1534 erschienen. Mit seinem Illustrator, Hans Sebald
Beham, war Egenolph befreundet. Die von Beham bereits vorliegende biblische
Bilderfolge verwendete der Verleger, nachdem sie ein Jahr zuvor bei ihm unter dem
Titel „Biblisch Historien Figürlich fürgebildet“ erschienen war, nunmehr in zweiter
Ausgabe für seine Bibel. (Vgl. Dodgson, Catalogue, I, S. 440, 1, und 442, 13).
Tafel 40: Der Haupttitel zur Behambibel umfaßt 13 biblische Darstellungen, die
ohne architektonische Gesamtgliederung und ohne Ornament zu einer Umrahmung
vereinigt sind. In der Mitte oben thront Gottvater, in der Linken den Kelch mit
der Hostie haltend, in deren Zentrum die Kreuzigung gezeichnet ist, in der Rechten
die Gesetzestafeln. Ihn umgeben Engelscharen. Darunter links Sündenfall und
Vertreibung aus dem Paradies, zwischen Adam und Eva der Apfelszene der Hase,
über der Szene der Vertreibung Sonne und Mond als Elemente der Ewigkeit.
(Vgl. Hieroglyphica, a. a. O., Kat. Nr. 2, Fol. 35, No. 27, und Fol. 2, No. 1.)
Unten rechts der kreuztragende Christus, dem andere, mit Kreuzen beladene Männer
nachfolgen. Weiter rechts die Kreuzigung (B. VIII, Dürer, App. 28).
In der linken Reihe von oben nach unten die Szenen: Eva mit ihren Kindern, Adam
bei der Feldarbeit — Abraham vor der Erscheinung Gottvaters kniend — Moses
empfängt am Berg Sinai die Gesetzestafeln — Acht Juden um ein Passahlamm;
Beschneidung eines Knaben; zwei Priester am Brandopferaltar — Abweisung des
Opfers Joachims; Hallenraum mit Altar, auf dem die Gesetzestafeln; Anbetung
einer Bildsäule vor Brandopferaltar.
In der Reihe rechts des Titels von oben nach unten: Abendmahl, Christus hält in
seinen erhobenen Händen Kelch und Hostie — Fußwaschung — Christus besucht
einen Gefangenen — Taufe Christi — Beschneidung — Predigt Johannes’ des
Täufers — Anbetung.
Das gesamte Programm ist deutlich von der Auswahl typologischer Szenen zum Thema
Sündenfall und Erlösung abhängig, wobei der richtende Gott des Alten Testamentes
dem verzeihenden und gnadenbringenden des Neuen gegenübergestellt wird. Wesent
lich dabei ist die Aussage, daß Leiden und Martyrien der rechte Weg zu Gott
seien.
Die Illustrationen, die offenbar ohne direktes Eingreifen von Martin Luther ent
standen, bieten in ihrer Darlegung der reformatorischen Gnadenlehre einen inter
essanten Vergleich zu dem Titelblatt mit gleichem Thema aus der Wittenberger Bibel
von 1541 (Kat. Nr. 64) aus der unter des Reformators Diktat stehenden Cranach-
werkstatt.
Die Komposition aller Bilder ist realistisch, in einfachen Raumschilderungen mit
stark perspektivisch-räumlicher Wirkung.
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