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Volltext: Albrecht Dürer und die Graphik der Reformationszeit

mit vielen Einzelheiten unter Betonung des Häßlichen, Derben und Beängstigenden 
gegeben werden. Weniger das Leiden als die Qual tritt in den Vordergrund, die 
von den Heiligen duldend ertragen wird. Besonders hervorgehoben wird die Brutalität 
des Quälenden. 
Die Figurenbehandlung ist derb und schematisiert. Perspektivische Wirkung wird 
vor allem durch Schrägstellungen und Rückansichten von Vordergrundfiguren 
erreicht. Der Kirchenraum im Judasbild zeigt eine eigentümliche Verbindung spät 
gotischer und Renaissanceelemente, die einer tatsächlichen Architektur nicht ent 
spricht, wie auch der Altar mit seiner pseudohebräischen Schrifttafel eine seltsame 
Phantasiekomposition darstellt. Etwas aus dem Rahmen fällt das Johannesbild (5), 
da in ihm kein Martyrium dargestellt werden konnte. Das „In-das-Grab-Steigen“ 
ist eher ein Weggehen des Priesters nach dem Gottesdienst, dem auch das Verlöschen 
der Kerze entspricht. Die perspektivische Wirkung wird hier durch räumliche 
Elemente erreicht und die Figurengruppe steht bloß als Zuschauer im Hintergrund, 
wodurch dem Bild die sonst übliche Grausamkeit fehlt. Stilistisch ist es aber durch 
Schematisierungen und die bei allen Blättern gleichbleibende Gesichts- und Figuren 
komposition von den anderen nicht geschieden. 
Das im Symbolum anstelle der Darstellung des Martyriums des hl. Matthäus 
verwendete Schöpfungsbild (Tafel 50; 2) folgt in seinem Typus weitgehend jenem 
der Kobergerbibel (Biblia, deutsch; Nürnberg, Anton Koberger, 1483; Ö. M., 
Inv. Nr. B III 5; vgl. Schramm, Albert: Der Bilderschmuck der Frühdrucke, Bd. 17, 
Leipzig 1934, S. 3 und S. 8, sowie derselbe, Bd. 8, Leipzig 1924, Abb. 358). 
In der Mitte die Erdkugel mit der Erschaffung der Eva, darüber die Sphäre des 
Wassers, darüber in einem weiteren Kreisring die Sphäre der Wolken und Gestirne, 
darüber der Kreis der Engel und die Halbfigur Gottvaters. An vier Seiten des Kreises 
die Winde, deren Hauch in die Eckzwickel führt. Jener Typus wurde 1524 von Hans 
Holbein d. J. für den Titelholzschnitt des Nachdruckes von Luthers Altem Testament 
durch Adam Petri in Basel in einer kaum mit eigenen Impulsen bereicherten Weiter 
führung verwendet. Als vereinfachte Kopie des Holzschnittes unter Heranziehung 
einzelner stilistischer Merkmale der Cranachschjule, wie etwa die krause Linien 
führung der Blatt- und Haarbehandlung der Szene der Erschaffung, sowie die starke 
Hereinnahme des von Cranach bevorzugten Hirschmotives kann das im Symbolum 
verwendete Blatt angesprochen werden, dem das große theologische Programm, das 
genau dem Weltbild, das Luther in seiner Auslegung des 1. Buches Mose entwirft, 
entspricht. Die überlegene Linienführung wie auch die ausgewogene Komposition 
des Schöpfungsbildes von Lucas Cranach d. Ä. für die Wittenberger Vollbibel von 
1534 fehlt. (Vgl. Schmidt, Ph.: Die Illustration der Lutherbibel, Basel 1962, Abb. S. 151 
und Abb. S. 195.) 
Da wir von Hans Cranach, dem Dodgson dieses Blatt zuschreibt (II, S. 335, 13), 
künstlerisch so gut wie gar nichts wissen, Lucas Cranach als Schöpfer jener Darstellung 
von vornherein ausscheidet und seinem Sohn Lucas d. J. angesichts der zum Teil 
unbeholfenen Komposition mit schwerfälliger und grober Strichführung und dem 
deutlichen Abfall der Qualität der Erschaffung der Eva gegenüber der gesicherten 
Szene in der Leipziger Wolrabbibel dieses Bild keinesfalls zugeschrieben werden 
kann, ist es wohl als Werkstättenarbeit zu bezeichnen. 
1 Das Martyrium des hl. Petrus 
Petrus wird mit dem Kopf nach unten gekreuzigt. Um das Kreuz aufrecht zu erhalten, 
schlagen Soldaten einen Pfosten ein. 
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