XI
liehen Jahrtausends. Die Ausstellung gibt uns von dieser Bildnerei ein recht gutes Bild.
Sie war naturnahe, ja oft von geradezu bewundernswertem realistischem Können erfüllt
und kannte noch nicht die Abstraktion der buddhistischen Plastik, zu der sie in polarem
Gegensatz steht. Nur in den Priesterporträts lebte der Realismus auch in der buddhistischen
Kunst fort.
Der schon in der Hanzeit eingeführte, aber erst in der Weiperiode religiöse und
politische Bedeutung gewinnende Buddhismus manifestierte sich künstlerisch zunächst in
zahlreichen Felsskulpturen in Nord- und Südchina, wovon uns heute die Grotten von
Yün-kang und Lung-men die durch Publikationen bekanntesten sind. Diese Skulpturen
der Wei- und T'angzeit können uns jedoch nur eine vage Vorstellung von der Bildhauerei
jener Zeit geben, da sie zumeist nur handwerksmäßigen Durchschnitt bieten. Dies gilt
besonders von den überlebensgroßen fünf bis zehn Meter hohen Buddhagestalten, die
naturgemäß mit Kunst wenig zu tun haben können, wogegen die tausende von kleineren
Votivreliefs allerdings oft von bewundernswerter, stellenweise an unsere Gotik gemah
nender Feinheit sind. Neben dieser Felsenplastik wurden. Votivstelen in großer Zahl
hergestellt, wovon auch in den europäischen Museen manche gute Stücke zu sehen
sind. Als Fragment einer solchen wohl südchinesischen Stele kann der ausgestellte
Bodhisatva Samantabhadra auf dem Elefanten reitend (Tafel V) angesehen werden, der
einen guten Begriff vom plastischen Stil der Weizeit gibt.
Eine gute Vorstellung von den Leistungen der chinesischen Plastik vom 7. bis 13. Jahrh.
können wir mangels erhaltener chinesischer, durch die Meisterwerke in den Tempeln
Japans gewinnen. Dort treffen im 7. Jahrh. chinesische und koreanische Einflüsse zu
sammen und aus beiden entwickelt sich im kurzen Zeitraum von hundert Jahren eine
plastische Kunst von bewundernswerter Schönheit. Über diese Zeit und ihre Werke gibt
das Buch von Karl V7ith, „Buddhistische Plastik in Japan“, leicht zugänglichen Aufschluß.
Die Entwicklung kann in Japan eigentlich im neunten Jahrhundert als abgeschlossen
gelten, wenn wir von einigen hervorragenden Priesterstatuen, wie den Asangha von 1208,
absehen. Unsere Priesterfigur aus Holz (Tafel XXI) aus der Ashikagazeit (1334—1572),
gibt zwar nur mehr einen Abglanz jener hervorragenden Porträtschnitzwerke der früheren
Zeit, bildet aber dennoch mit Recht den Stolz der Ausstellung. Die ausgestellten Götter
statuen gehören zumeist der letzten historischen Periode der japanischen Kunst, der
T^ugawazeit (1603 1868) an. Die Typen waren längst festgelegt und wurden unverändert
wiederholt, so daß begrenzte Datierungen vorläufig noch sehr schwer, wenn nicht unmöglich
sind. Alle Werke dieser späten japanischen Plastik zeichnen sich durch Ihre Verfeinerung
und Zartheit aus, die in den Gesichtern und im Faltenwurf der Gewänder zum Ausdruck
kommen. Dadurch unterscheiden sie sich von der chinesischen Plastik, die stets eine
gewisse Massigkeit, Wucht und Größe behält, selbst in den kleinen Bronzefiguren. Eine
recht gute Vorstellung von chinesischer Plastik der Mingzeit geben die beiden Holzfiguren
(Nrn. 121 und 122) und die beiden Bronzefiguren von Würdenträgern (Nr. 88), die als Be
gleitfiguren von Buddhastandbildern in Tempeln aufgesteilt waren. Trotz ihrer handwerks
mäßigen Durchschnittsqualität zeigen sie die echt chinesische Würde und Größe der
Auffassung, besonders auch im Faltenwurf.
Die beliebtesten Göttertypen, denen wir auf Schritt und Tritt begegnen, waren neben
Buddha, Kwanon (Kvvanyin und Avalokiteshvara), die Göttin der Barmherzigkeit und des
Mitleids mit der leidenden Menschheit, die Spenderin von Kindern usw. und der Bodhisatva
Dschiso (Jizo, chines. Ti-tsang, sanskr. Ksitigarbha), der Herr der Hölle und zugleich
Heiland, Nothelfer und Spender des häuslichen Glücks. Er ist zumeist dargestellt mit