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einem Rasselstab in der Rechten und mit der kostbaren Perle auf der erhobenen Linken
So ist wohl auch der Dschiso (Nr. 440 der Ausstellung) ergänzt zu denken, eine Figur,
deren Gesicht mit der für Dschiso charakteristischen verfeinerten weiblichen Anmut
übergossen ist Auch der sitzende Dschiso Nr. 439 ist ein Kabinettstück zartester Bildung,
die Lr durch die gut erhaltene Bemalung noch gehoben wird. Der Vergleich mit einem
chinesischen Standbilde dieses Bodhisatvas (Tafel XVII), bestätigt wieder den oben er
wähnten Unterschied zwischen der chinesischen und der japanischen Auffassung, b. U.
MALEREI
Ihr Eigenstes und Bestes hat die chinesische Kunst auf dem Gebiete der Malerei ge
geben Sie wird auch von den Chinesen unter allen Künsten am meisten gewürdigt,
was schon daraus hervorgeht, daß die seit Beginn des Mittelalters geführten Künstler
verzeichnisse fast nur Namen von Malern enthalten. In der 64-bändigen Enzyklopädie,
zu der Kaiser K’ang-Hsi im lahre 1705 die Einleitung geschrieben hat, wurden diese aiten
Verzeichnisse bis in die späte Mingzeit ergänzt und es gibt kaum einen Maler von
Bedeutung, der in diesen Listen fehlt. ■ _ , rr ,
Die Anfänge der Malerei werden von der Tradition bis in die sagenhafte Zeit der
chinesischen Geschichte verlegt, und zwar besagt die Überlieferung, daß seidene Ge
wänder und Banner, deren man sich bei religiösen und öffentlichen Zeremonien und
Festlichkeiten bediente, in Farben bemalt waren.
Ein südchinesischer Schriftsteller aus dem 3. Jahrh. namens K’üh-yüan berichtet über
farbenprächtige Wandmalereien in Tempelhallen und Palästen, von welchen nichts erhalten
ist. Eine Vorstellung von Gegenstand und Form dieser Darstellungen geben uns Stein
schnitte aus den Gräbern der Wu, die aus der Hanperiode stammen und mit den literari
sehen Schilderungen dieser Wandmalereien übereinstimmen. An der Wand des Vorraums
befindet sich unter den Abzügen solcher Steinzeichnungen eine Darstellung die jenen
Beschreibungen südchinesischer Malereien entspricht. Man sieht, in Reihen übereinander
angeordnet, menschliche Wesen, die Naturvorgänge versinnlichen, und erkennt den Windgott,
der aus dem geöffneten Munde Luft ausstößt, den Donnergott auf einem Wolkenwagen
und schließlich den Blitz, der mit Hammer und Meißel den Menschen erschlägt.
Auch für die Folgezeit sind wir auf Berichte chinesischer Kunstschriftsteller angewiesen
und erst im 4. Jahrh. gewinnen wir sichereren Boden durch eine von L. Binyon publizierte
Bildrolle, die sich im British Museum befindet; (eine farbige Reproduktion derselben im
Vorraum). Sie geht auf einen Maler namens Ku-K’ai-chih zurück, der zwischen dem
4. und 5. jahrh. gelebt hat und gibt uns, auch wenn sie, wie vielfach behauptet wird,
eine Kopie aus späterer Zeit ist, Kenntnis von dem Stil jener Periode. Die Darstellung
der figürlichen Szenen entspricht in der wundervollen Bewegtheit des Linienschwunges
den Malerregeln der Zeit, welche „rhythmische Lebendigkeit“ an erster Stelle fordern und
in den Umrißlinien die für die chinesische Kunst charakteristische Verwandtschaft von
Malerei und Schreibkunst zeigen.
Die T’angzeit, die in jeder Hinsicht die glanzvollste Periode der chinesischen Geschichte
gewesen ist, war auch für die Entwicklung der Malerei von einschneidender Bedeutung. Von
Wu Tao-tze und Wang Wei, den größten Malern dieser Zeit, sind, wenn vielleicht auch nur
in Kopien, Gemälde erhalten, welche zeigen, daß diese Meister sowohl für die buddhisti-