Statisch aultagend (Abb. 99) oder in graziös-tänzerischer Bewegung (Abb. 100, 101),
bestehen diese Pflanzen-Gefäße oft nur aus Blüten, die fußlos auf umgebogenen Blät
tern ruhen (Abb. 102) oder auch einzeln bzw. gruppenweise in flachen kelchförmigen
Schalen als Tafeldekoration dienen (Abb. 106, 107).
Gläserne Blüten, in mannigfachen Variationen als Beleuchtungskörper (Abb. 110-114)
verwendet, hängen als zarte, dünnwandige, leuchtende Tulpen an den geschwungenen
Stielen von Lustern.
Vollplastisch gestaltete Blumen, voll erblüht, sind verschieden geformten Vasen aufge
legt. Die Entstehung des sogenannten „Barock- oder Auflagenglases“ (Abb. 103-105,
109, 115, 118) wird Joh. Lötz Witwe/Klostermühle zugeschrieben; es beschränkt sich
allerdings nicht auf diese Hütte und nicht auf das Material Glas: auch im Metall finden
sich Entsprechungen mit raumgreifenden, bewegten, langgezogenen Blättern als Hen
keln (Abb. 116).
Als Spezialist floraler Tafel-Dekoration und von Beleuchtungskörpern aus Glas ist die
Firma Wilhelm Kralik Sohn, Eleonorenhain, in Abbildungen zeitgenössischer Literatur
mehrfach vertreten (Abb. 106, 108, 111); als „Neuheiten“ zu Beginn des 20. Jahrhun
derts werden bestimmte Besonderheiten, wie die Stiefmütterchen-Serie (Abb. 118),
immer wieder hervorgehoben. Florale Motive im Flach- und Hochrelief schmücken
auch keramische Vasen, vor allem in der ungarischen (Abb. 120, 121, 127, 128) und
nordböhmischen Keramik (Abb. 123-126); die Pflanze umwächst das Gefäß, die Wan
dungen tragen Zweige, Blattformation, Blumen und Früchte in vielfältiger Farbgebung
und Stilisierung, bis ins wuchernd Amorphe gesteigert und noch verstärkt durch Lauf
glasuren, die die Vasenwandungen und die floralen Reliefs ineinander verschmelzen
lassen (Abb. 125, 126).
Blattzweige und Astwerk bilden als gläserne Auflagen (Abb. 129) den vollplastischen
Dekor einer irisierenden Wandung; in der Keramik wachsen sie aus der Zone des
Mundrands zu plastisch geschwungenen Henkeln mit langen Blattansätzen auf der
Schulter des Vasenkörpers (Abb. 130).
Einzelne Blüten sind dem Glas flach aufgeschmolzen (Abb. 131, 133); das Schilfmotiv
findet sich in der Keramik ebenso wieder (Abb. 132) wie in der Montierung eines fa-
denübersponnenen Glases (Abb. 134).
Keramiken mit weit ausladenden, geschwungenen Henkeln - wulstförmig oder bandar
tig gestaltet (Abb. 135, 136, 138) - erinnern oft an Metallgegenstände (Abb. 139) oder
an die „Montierungsartikel“, denen das Zusammenspiel unterschiedlicher Materialien
(Metall mit Glas oder Keramik) einen eigenen Reiz verleiht (Abb. 137, 140, 141).
Ein eigener Industriezweig mit Spezialisierung auf bestimmte Techniken entstand: gal
vanisch versilberte Gläser erzeugte der Wiener Silberwarenfabrikant Max Schwarz;
Adolf Zasche in Gablonz wird im Zusammenhang mit Lötz-Gläsern immer wieder ge
nannt. Auf der Leipziger Michaelismesse 1902 präsentierten zahlreiche Firmen ihre
„Montierungsartikel“: „Mit reichhaltigen Mustersortimenten in Bronze montirten Glas
waren (Fassungsartikel) waren ferner am Platze unter anderem die Firmen Franz Wag
ner in Ulrichsthal in Böhmen, Elias Palme Söhne in Steinschönau, Johann Zeckert &
Sohn in Meistersdorf in Böhmen, Theodor Horaczek & Co. in Langenau bei Haida in
Böhmen, Brüder Hantschel in Haida in Böhmen, Beyermann & Co. in Haida in Böh
men.“ (Central-Blatt für Glas-Industrie und Keramik, Wien-Berlin 1902, S. 910).
Viele dieser Firmen waren Metallwarenfabriken und Glasraffinerien in einem. Das er
wähnte Unternehmen von Franz Wagner war „Broncewarenfabrik und Hohlglasraffine
rie“: „Ansprechende Neuheiten der Firma sind Vasen etc. in Aventurin und anderen iri-
sirenden Farben mit Silberauflage, schweren Schliffsachen, reich versilbert und im
Empirestil etc.“ (Central-Blatt 1904, S. 1209). Die „Glasraffinerie und Metallzerstäuber
fabrik Brüder Rachmann“ war besonders für die „Anfertigung von Fassungsgläsern für
Alfenide, Silber- und Bronzewarenfabriken“ bekannt (Zentralblatt 1906, S. 1670). Für
den Wiener Bereich sind vor allem die Firmen von Argentor, Hacker und Lux zu nen
nen.
Die Zuschreibung von Montierungen an bestimmte Fabrikanten gelingt deshalb selten,
weil die Kennzeichnung des Metalls meist fehlt.
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