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fullscreen: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 4 und 5)

Der Führer der Truppe und Leiter der Arbeiten nach dem Hin- 
gange von Karl Kaiser ist der junge Architekt Walcher von Moltheim, 
selbstverständlich eine verjüngte Auflage des alten Meisters in 
Verständnis und Liebe zur Sache, wie das hier ja nicht anders 
möglich wäre. 
Noch ist des schon genannten Grissemanns zu gedenken, dessen 
letzte Arbeit der I-Iauptaltar in der Kapelle war. Er war eine Schule 
bildende Persönlichkeit, wenn auch ohne Titel und ohne Anstellung. 
Unter seinen zahlreichen Schülern der bekannteste ist der Lehrer für 
I-Iolzplastik an der Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen 
Museums Professor Klotz. Im Begriffe nach Vollendung seiner Arbeit 
heimzukehren stürzte er in Seebam, als er den Fuss auf den Wagen- 
tritt setzte, bewusstlos zusammen und war in wenigen Minuten ver- 
schieden. Am Friedhofe der Seebarner Pfarrkirche zu I-Iarmannsdorf 
liess ihn Graf Wilczek begraben und eine Säule als Denkmal setzen. 
Zu der blos in allgemeinen Umrissen gegebenen Beschreibung der 
Burg, ihrer Entstehung und ihrer Kunstschätze erübrigt nur noch die 
Erwähnung von einigem Wenigen. 
In dem nördlichen Hoftracte ebenerdig ist eine bedeutende 
Waffensammlung aufgestellt, und zwar so, wie vermuthlich die Rüst- 
karnmern im Mittelalter angeordnet waren, nicht decorativ, sondern 
wie zum Gebrauch. Ober der Thür befindet sich eine Trophäe aus 
eroberten orientalischen Waffen; alle übrigen stammen aus mittel- 
alterlicher Zeit bis zum Beginn der Renaissance. An den Wänden 
stehen zahlreiche gothische Truhen nach alter Gepflogenheit zur 
Aufbewahrung von Waffen bestimmt. Von hier aus den Weg wieder 
zum Eingangsthor zurücknehmend, überschreitet man zunächst die 
Baustelle des künftigen ersten Hofes und ausserhalb des Burgthores 
die steinerne Brücke, welche neu gebaut ist, aber auf alten Pfeiler- 
fundamenten. Schon von hier aus sieht man wie in einen Felsen- 
schlund hinab. Es ist dies der Steinbruch, auch eine Besonderheit von 
Kreuzenstein. Der natürliche Fels, auf welchem die Burg steht, bildet 
nämlich zugleich das vortreffliche Baumaterial für dieselbe. Das 
Materiale wird aber nicht in gewöhnlicher Art offenliegend ab- 
gebrochen, sondern nach Art eines Bergwerkes wurde zuerst das 
grosse Schachtloch ausgebeutet und dann im Innern des Berges 
stollenartig weitergebrochen. Zu Beginn des Stollenganges befindet 
sich eine grosse, hallenartige Höhle, wo bei einem lustigen 
Feuer die Werkstücke behauen werden; an der rauchgeschwärzten 
Decke hängen an mächtigen Eisenklammern ein riesiger Walfisch- 
kiefer und zwei grosse Knochenschädel von der Insel Jan Mayen,
	        
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