SERBISCHE TEPPICHE. 203
einziger Behelf dient ein äusserst primitiver Webstuhl, eigent¬
lich nichts anderes als ein an der Decke befestigter beweg¬
licher Rahmen, der die Fäden theilt, ferner eine Holzklampfe,
in der Form einer Kinderhand, mit der die Wollfäden com¬
pact aneinander geschlagen werden. Alle Arbeit wird von
der geläufigen Hand der jungen Arbeiterin verrichtet. Sie
theilt geübten Auges mit ihren Fingern die Längefaden des
Gerippes in der von ihr gewünschten Anzahl, fügt mit der
anderen Hand den gefärbten Faden ein, knüpft, netzt und
webt ihn beim Summen eines Liedes, das von Heldenthaten
längstvergangener Zeiten zu erzählen weiss, in so flinker
und geschickter Weise, dass Vorder- und Kehrseite des
Gewebes gleiche Zeichnung haben; dabei wurden die vor¬
erwähnten Muster und Ornamente aus dem Gedächtnisse,
ohne jedwede Vorlage oder Farbenangabe, eingefügt, und
nach wochenlanger, mühseliger Arbeit kann der Teppich den
Händen des Käufers übergeben werden.
Gewöhnlich müssen an einem mittelgrossen Teppiche
fünf Arbeiterinnen 18 bis 20 Tage fleissig arbeiten, so dass ein
grösseres Stück monatelangen Fleiss und Mühe beansprucht.
Und wie wird diese Mühe entlohnt! Diese Frage erhält eine
Antwort, die unseren Begriffen von Lohn- und Arbeitsentgelt
kaum fasslich erscheint; sie wird nur erklärt durch die ein¬
gangs erwähnte Anspruchslosigkeit der dortigen Arbeiter,
die in ihren Lebensbedürfnissen fast unglaublich genügsam
sind. Da sitzen sie und arbeiten von früh Morgens bis fast
vor Sonnenuntergang bei einem Stück Brot, einem Bischen
Käse oder dem zudringlich riechenden *bela luka» und einem
Kruge Wasser'), und erhalten für ihre mühselige Arbeit
gewöhnlich 30 bis 40 Centimes, höchstens aber 60 Centimes
pro Tag gezahlt. Aber auch die Arbeitsunternehmerin muss
sich mit magerem Gewinne zufrieden geben, denn wenn
*) Diese Nahrungsmittel, abwechselnd mit rothem und grünem Paprika,
bilden ihre ausschliessliche Kost.