66 PERSISCHE TEPPICHE. — KURDISTAN.
Zartheit, wie sie kein anderer moderner persischer Teppich
auch nur im entferntesten aufweist. Hier fällt uns eine Stelle
aus einer französischen Abhandlung von C hocqueel ') über
die Teppiche und teppichartigen Gewebe ein, aus welcher
hervorgeht, dass man schon in früheren Jahrhunderten das
künstliche Blumengewinde auf den Teppichen mit dem
natürlichen Blüthenflor der AViesen in Beziehung zu setzen
versucht hat.
Nach der Erwähnung der in Frankreich eingebürgerten
Sitte des frühen Mittelalters, den Fussboden der Zimmer mit
trockenen Gräsern, Heu, Stroh etc. zu bestreuen, heisst es dort:
«Wie bald die Verwendung der Teppiche einigen Fortschritt
gemacht, wurden dieselben mit Blumen und Blättern bemalt,
durch welchen Vorgang die Künstler die alten Traditionen
lebendig zu erhalten und dem Geschmacke des Volkes zu
schmeicheln trachteten. Die blumigsten Teppiche und jene,
welche am ehesten in der Einbildung die Erinnerung an die
üppigen AViesen wachzurufen geeignet sind, gehören und
werden auch in Zukunft zu den bei uns mit Arorliebe ge¬
suchten gehören.»
Und wirklich scheint der Perser der Neuzeit in dieser
Auffassung des Schönheitsideals der Teppichindustrie mit
dem Franzosen eines Sinnes zu sein. Nur ist dieses Blumen-
und Blüthenbeet auf dem Senne-Teppich, wie wir gleich sehen
werden, nicht so ganz von ungefähr und regellos, wie es
auf den ersten Anschein aussehen möchte.
Der erste und verbreitetste Typus des Senne-Teppichs
(Nr. 41) trägt innen das Herati-Muster zur Schau, das
wir bereits bei Besprechung der Ferahan-Teppiche als das
bedeutsamste Muster dieser Teppichgattung kennen gelernt
haben. \\ ährend aber an den letztgenannten Teppichen
l) Essai sur Vhistoire et la Situation actuelle de VIndustrie des tapisseries
et tapis, par M. W. Chocquef.i.. Paris 1863, Guillaumin.