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Louis XIV. und in England unter Jakob II. so täuschend in
Technik und Muster wieder nachgeahmt, dass man sie von den
altern Original-Spitzen Venedig’s und Genua’s gär nicht unter
scheiden konnte. Auch die Sammlung nach den verschiedenen
Fabrikations-Distrikten einzutheilen und zu benennen, dürfte dess-
wegen nicht zulässig sein, weil die Spitzen-Klöpplerinnen häufig
auswanderten und man in nördlichen Gegenden jene Spitzenmuster
in derselben Technik, je nach Bedarf der Mode, mit Erfolg nach
ahmte, wie sie in südlichen oder westlichen Fabrikations-Stätten
bereits lange Zeit hindurch geübt und angefertigt worden waren.
Wir haben es desshalb im folgenden Katalog, in Uebereinstimmung
mit den Anschauungen von Miss Bury Palisser, versucht, die
Klassificirung unserer Sammlung möglichst auf Grundlage der
gleichartigen Technik und der form verwandten Musterungen so
durchzuführen, dass dennoch, soviel es angeht, die chronologische
Aufeinanderfolge nicht ausser Aug gelassen wird. Dass die kon
sequente Durchführung dieser letztgedachten Eintheilung und
Kubrizirung oft grosse Schwierigkeiten bereitet, davon ist der
jenige am besten überzeugt, der längere Zeit hindurch die ver
schiedenen genera und species der Spitzen und Kanten genauer
durchforscht hat und dem es dabei klar geworden ist, dass auch
bei den sorgfältigsten Vergleichungen der vielen Spielarten von
durchbrochenen Weisszeugarbeiten manche Spitzensorten Vor
kommen, die sich nun einmal nicht nach fixirten Normen ein-
theilen und rubriziren lassen. Wir geben die Hoffnung nicht
auf, dass bei Anlage und Aufstellung ähnlicher grösserer Samm
lungen in nächster Zeit und bei Fortsetzung der erst begonnenen
Vorstudien über den Entwickelungsgang der Spitzenfabrikation
es einem kundigeren Auge möglich werden wird, die Schwie
rigkeiten zu überwinden und den Irrungen auszuweichen, die bei
der Katalogisirung einer ersten derartigen Sammlung fast kaum
zu vermeiden waren.
Aachen, im Mai 1874.
Dr. Fr. Bock.