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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
20. Jahrgang Wien, 15. September 1928 Nr. 18 
Von der antiken Zeitmessung zur modernen Uhr, 
ii. 
Die Uhr des Mittelalters, 
Von Alexander Grosz., Wien. 
Unsere Vorahnen konnten sich die Zeitmessung 
nur durch Beobachtung der Himmelskörper und des 
von verschiedenen Gegenständen geworfenen Schat 
tens verschaffen. Die Zeiten, an denen die Himmels 
körper nicht sichtbar waren, führten sie dann dazu, 
sich andere Mittel zu suchen, die sie bei der Zeit 
bestimmung von den Gestirnen unabhängig machten, 
So entstanden Wasseruhren, Lichtuhren, Sanduhren. 
Eine wichtige Erfindung des 11. Jahrhunderts führte 
nun einen großen Umschwung herbei. Räder und 
Räderwerke waren schon den Alten bekannt; aus 
allen Schriften erfahren wir deren Vorkommen 
schon vor 380 v. Chr. Später benützte man Räder 
werke auch als Zeitmesser, jedoch stets in Verbin 
dung mit Wasser als treibende Kraft, 
Die wichtige Neuerung war nun ein Räder 
werk, welches von einem Gewichte getrieben wurde 
und mit einer Vorrichtung, der sogenannten Hem 
mung, versehen war, die dazu diente, das Abschnur 
ren des Räderwerkes zu verhindern und das Ab 
laufen nach bestimmten Gesetzen zu regeln. Auf 
einer mit dem Räderwerke in Eingriff stehenden 
Welle saß der Zeiger, welcher auf dem Zifferblatte 
die Zeit anzeigte. Man hatte nun alle die großen 
Mängel überwunden, die mit den Sonnen-, Wasser- 
und Sanduhren verbunden waren und eine Maschine 
konstruiert, welche unabhängig vom Wetter und 
der Tageszeit die Stunde gab. 
Vorerst wurden nur große öffentliche Gebäude 
und Kirchen mit derartigen Uhren ausgestattet; ein 
Gewicht zu einer solchen Uhr hatte oft eine Schwere 
von 250 bis 600 kg. Im 15. Jahrhundert wurden Uhren 
mit Gewichtsaufzug und Hemmung auch in kleinerem 
Maßstabe erzeugt und bürgerten sich in Privat 
häusern, bei reicheren Leuten und in aristokrati 
schen Kreisen ein. Ein sehr großer Fortschritt war 
mit der Erfindung der Zugfeder in der zweiten Hälfte 
des 15. Jahrhunderts gemacht worden, da es mög 
lich wurde, Uhren in bedeutend kleinerem Maß 
stabe zu erzeugen. Man konnte dieselben nun, ohne 
ihren Gang zu stören, herumtragen, mit auf die Reise 
nehmen, und als sie später noch kleinere Dimen 
sionen erhielt, auch in die Tasche stecken. Der Er 
finder der Zugfeder ist unbekannt geblieben, aber 
dem Erfinder der ersten, in der Tasche tragbaren 
Uhr, einem Nürnberger Schlosser, Peter He nie in 
(geboren 1480, gestorben 1542), wurde in Nürnberg 
1905 ein prachtvolles Denkmal gesetzt. 
Die zuerst von ihm Anfang des 16. Jahrhunderts 
erzeugten Uhren waren vollständig aus Eisen, rund 
oben und unten flach, dosenförmig. Erst später er 
hielten die Uhren andere Formen, waren in acht 
eckigen, kreuzförmigen, tulpen-, totenkopfähnlichen 
und anderen Gehäusen untergebracht und wurden 
schon 20 bis 30 Jahre nach ihrer Erfindung sehr 
künstlerisch ausgeführt. Die Eiform erhielten die 
Uhren zumeist aus technischen Gründen erst gegen 
Ende des 16. Jahrhunderts, so daß die Bezeichnung 
»Nürnberger Eierlein«, welche man den ältesten in 
Nürnberg und auswärts erzeugten Taschenuhren bei 
legte, weniger der Gestalt der Uhr galt, als viel 
mehr aus einer veränderten Sprach- und Schreib 
weise abzuleiten wäre, nach welcher sich aus der 
Bezeichnung für die Stunde aus dem Lateinischen 
»hora«, die Worte höre, örlein, orelein, Uehrlein 
(Eierlein), Uhr entwickelten. 
Die Taschenuhrmacherei, welche also allem An 
scheine nach in Nürnberg um 1500 ihren Anfang ge 
nommen hatte, verbreitete sich im Laufe des 16. Jahr 
hunderts auch in der Schweiz, wo die Fabrikation 
gegen das Jahr 1587 in Genf eingeführt wurde und 
immer größeren Umfang annahm. Aber auch in 
Frankreich, wo schon vom 11. Jahrhundert an zahl 
reiche große Uhren erzeugt worden waren, erlangte 
die Taschenuhrmacherei um die Mitte des 16. Jahr 
hunderts bedeutenden Ruf. Politische Wirren, die 
Aufhebung des Edikts von Nantes, 1685, veranlaß- 
ten eine große Anzahl der geschicktesten Arbeiter 
zur Auswanderung, größtenteils nach England, wo 
die Fabrikation gegen Ende des 17. Jahrhunderts 
einen großen Aufschwung nahm und bis um die Mitte 
des 18. Jahrhunderts sehr geschätzt war. Von da 
ab machten die Schweizer Fabrikate den englischen 
große Konkurrenz. Auch Frankreich erlangte um die 
Mitte des 18. Jahrhunderts und gegen sein Ende zu 
durch bedeutende Meister und hervorragende Ar 
beiten wieder seinen alten Ruf und verdrängte die 
englischen Waren vom Markte. 
In Deutschland, wo während des 16. Jahrhun 
derts sehr wertvolle tragbare und Taschenuhren er-
	        
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