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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Das Küstenland (Görz, Gradiska, Triest und Istrien)

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jetzt kommt ihr und laßt euch darauf eine Kirche bauen. Ich schlage euch indeß vor, über 
die Sache nicht zu streiten, sondern den Zufall entscheiden zu lassen, wem von uns beiden 
das kleine Grundstück gehören soll." Der heilige Antonius that, als merkte er nicht, mit 
wem er zu thun habe, und gab sich zufrieden. Daraufhin meinte der Teufel, sie möchten 
beide auf das Dach der eben eingedeckten Kirche steigen und einen Sprung hinunter wagen. 
Wer damit weiter gelänge, sollte den Platz behaupten dürfen. Auch dies fand der Heilige 
genehm. Er that einen gewaltigen Sprung, der Teufel aber verwickelte sich in das 
ungewohnte lange Kleid und fiel jämmerlich zu Boden. Er schlich beschämt von dannen 
und ward dort nicht mehr gesehen. Das Kirchlein des heiligen Antonius blickt noch immer 
auf die Ebene munter hinab und alte Mütterchen wollen in dem festen Gestein darunter 
noch die Fußspuren vom Sprung des Heiligen und den Eindruck vom plumpen Fall 
des Teufels wahrnehmen. 
An die größte geschichtliche Katastrophe, von der das Land heimgesucht worden ist, 
mahnt die Überlieferung vom Pozzo d'oro in Aquileja, einem tiefen Brunnen, in welchem 
die wohlhabenden Eingebornen jener Stadt am Vorabend ihrer Erstürmung durch die 
Hunnen Attilas unermeßliche Schätze bargen, um sie in besseren Tagen, sobald die Flut 
der Eroberer vorübergegangen sein würde, wieder zu heben. Aquileja ist aus der Asche 
nicht inehr erstanden, seine Bürger fielen entweder unter den feindlichen Schwertern oder 
flüchteten, um nicht wiederzukehren, und der Pozzo d'oro ist noch immer nicht aufgefunden. 
Der Glaube an ihn ist indeß noch nicht erstorben und es ist noch nicht lange her, daß 
in allen Kaufverträgen über in oder um Aquileja gelegene Grundstücke der Pozzo d'oro 
für den Fall seiner Entdeckung vom Verkaufe ausdrücklich ausgeschlossen wurde. 
Die Veste von Monfalcone, deren Erbauung dem Amaler Dietrich von Bern, dem 
großen König der Ostgothen, zugeschrieben wird, umrankt nicht märchenhafte Dichtung, 
welche auf dem öden Karstgestein der Umgebung so wenig gedeiht als jetzt üppiger Wald 
mit geheimnißvollem Rauschen der Wipfel, und auch das stolze Schloß Duino, das sich 
um einen hochragenden Römerthurm gelagert hat, entbehrt des einen wie des anderen 
Schmuckes. 
An den Berg von Medea knüpfen sich wieder Erinnerungen an den Fall Aquilejas. 
Auf seiner Spitze hatte, so will man wissen, Attila seine Zelte aufgeschlagen und während 
die Flammen, welche in Aquileja unzählige Leben und herrliche Werke von Menschenhand 
verzehrten, den Nachthimmel weithin rötheten, soll er von wilden Gelagen mit seinen 
Genossen aufblickend sich an dem entsetzlichen Schauspiel geweidet haben. Jener Berg 
ruft uns noch frühere Zeiten ins Gedächtniß zurück. Mit ihm und mit dem räthselhaften 
Flusse Timavo, der mit mächtiger Strömung aus den Höhlen des Karstes hervorbricht, um 
nach kurzem Laufe seine Gewässer mit den Fluten der Adria zu vermengen, sind die 
Küstenland und Dalmatien. 
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