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um jene Zeit eine Specialität, welche im Handel vielen Erfolg
hatte. Die Regierung befreite 1766 die Spitzenklöppelei von der
zünftigen Ordnung und erliess Einfuhrsverbote zu ihrem Schutz,
ja Maria Theresia widmete ansehnliche Summen als Preise für
beste Leistungen und bewilligte 1767 für eine in Prag zu grün
dende Schule 12.000 fl., welche auch entstand, nach niederlän
dischen Vorbilden arbeitete, aber keinen Erfolg erzielte und
rasch einging. Zu Ende des Säculums lebten in Böhmen
18.000 Klöppler, deren Production pro anno einen Werth von
540.000 fl. repräsentirte. Man suchte ihre Fabrikation auch
durch Zuhilfenahme des Bobbinetstuhles zu fördern, brachte aber
damit kein der künstlerischen Seite nützliches Element herzu.
Noch einmal wurde dann zu Anfang des laufenden Jahrhunderts
die artistische Veredlung des Faches versucht, als unter Kaiser
Franz aus den von Österreich schon abgetretenen Niederlanden
Charlotte van der Cruyce und ihre Schwestern nach Wien berufen
wurden und daselbst meist böhmischen Arbeiterinnen die Brüss-
lerspitze und die Blonde zu fertigen lehren sollten. Die Schule
war mit Mustern und Werkzeugen, auch solchen für Battist- und
Tülleerzeugung gut eingerichtet und zerfiel in die Musteranstalt
in der Stadt und vorstädtische Filialen. Im Jahre 1810 lieferten die
absolvirten Schülerinnen, ehe sie als Lehrerinnen nach Böhmen
abgingen eine Probearbeit ab, eine grosse Decke, im Zeitgeschmack
mit Apoll und Daphne verziert, welche der Ehre, in der kais.
Schatzkammer deponirt zu werden, gewürdigt wurde. Die Mädchen
kamen als Lehrerinnen in neugegründete Schulen zu Joachims
thal, Ellbogen und Grasslitz. Im Ganzen waren ihrer zweiund-
dreissig herangebildet worden. Die Wiener Schule ging jedoch
ein; eine andere in Prag, im St. Gallikloster, trat an die Stelle,
wirkte in entsprechender Weise, fand aber mit dem Hungerjahre
1817 gleichfalls ein frühes Ende. Dazu kam bald darauf der
totale Ruin, welche die aus England immer massenhafter herein
strömende Maschinenproduction dem Fache bereitete, so dass in
den Zwanzigerjahren das böhmische Spitzengewerbe hilflos und