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Volltext: Die kunstgewerblichen Fachschulen des k.k. Handelsministerium

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sehen konnte oder umgekehrt. Die Strassen des Dorfes sind an 
sonnigen Tagen mit zahllosen Madonnen, Dreifaltigkeiten und 
Heiligen aller Kategorien garnirt, welche dort der trocknenden 
Wirkung des Sonnenstrahles ausgesetzt werden. 
Von den 203 Personen, welche jetzt in Reichenau mit den 
Geschäften der Malerei sich abgeben, sind bei 80 Maler, 30 
Malerinnen, über 50 Lehrlinge, ferner betreiben etwa 30 bloss 
das Grundiren, andere das Farbenreiben u. s. f. An Arbeitslohn 
kommen im Jahr über 60.000 fl. ein, die meisten Bilder gehen 
nach Wien, an griechische Kirchen in Russland und Polen, in die 
Schweiz, nach Spanien, Italien, Ungarn etc. 
Am 1. October 1874 wurde die durch das Ministerium 
errichtete Schule für diese Malerkunst oder Malerindustrie in 
Reichenau eröffnet. Sie ist in einem von der Gemeinde 
gemietheten Hause untergebracht, wo sie vorderhand nur über 
ein 5" 70 c ‘" breites und 7'" langes Gemach verfügt. Ihrem Pro 
gramme gemäss, welches auf die örtlichen Verhältnisse gebührend 
Rücksicht nimmt, sind ausser den Fächern der Malerei aber 
auch alle sonstigen in Reichenau blühenden Kunstgewerbe in den 
Unterricht miteinbezogen, und sollen auch deren Angehörige 
daselbst, ob sie nun bereits im Geschäftsbetrieb beschäftigt sind 
oder sich erst für irgend ein Fach vorbereiten, entsprechende 
Bildung finden. Den Schulausschuss bilden unter dem Vorsitze 
des Bürgermeisters zwei Gemeindeglieder und drei von den 
Malern des Ortes (Malerverein) gewählte Vertreter, beide Kate 
gorien mit einer Functionsdauer von zwei Jahren, nach welchen 
eine Wiederwahl erfolgen kann; endlich hat hier auch der Schul 
leiter Sitz und Stimme. Die Erhaltung der Schule wird aus der 
Subvention des Handelsministeriums, den Gemeindebeiträgen 
und privaten Unterstützungen bestritten. 
In dem letztverflossenen, ersten Schuljahre beschränkte 
sich der Unterricht auf das elementare Zeichnen nach französischen 
Vorlagen, Köpfen, Büsten, Körpertheilen in Kreide und Kohle, 
sowie Wasserfarben. Auf der Museumsausstellung ernteten diese 
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