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Terry Fox, Cellar (Keller), 1970 
räume völlig. Das daraus resultierende Werk war ein leben 
des Tableau, in dem auch ein »Penner« namens Ronnie mit 
wirkte, der seit drei Tagen im Hauseingang des Künstlers 
übernachtet hatte. Fox überredete Ronnie, den dunklen, mit 
Müll angeräumten Kellerraum als Teilnehmer an seiner sozia 
len Plastik zu bewohnen. Fox erinnert sich: »Es war ein Stück, 
das alle meine Gefühle über den Ort und das, was ich so 
den ganzen Tag machte, wiedergab. Und den Zusam 
menhang, wie das Zeitgefühl des Penners. Das fiel mir auf, 
die besondere Beziehung zur Zeit, die die Bowery-Penner 
haben.... Die Penner der Bowery sind echte New Yorker.«®' 
Der Betrachtersah sich bei der Installation mit einem dun 
klen Ort voller Schutt und dem Schnarchen von Ronnie, der 
auf einem Müllhaufen lag, konfrontiert, sowie mit den ver 
stärkten Geräuschen der Kanalisation, die unter der Erde 
verlief. Fox führte außerdem eine Reihe von Aktionen vor, 
in denen er beispielsweise sein Gesicht mit Clown-Make- 
up weiß malte, seine Hände mit einem Stück Seife in einem 
kleinen Eimerchen mit Wasser wusch, mit einem Jagd 
messer (das er von Frank geliehen hatte) eine Fensterscheibe 
kaputtmachte und Seifenwasser durch das zerbrochene 
Glas spuckte. Um eine Beziehung zwischen ihm, der Fen 
sterscheibe und der Wand herzustellen, klebteereine Reihe 
schwarzerXauf sein Gesicht und auf die Wand und machte 
mit Kreide weiße X auf seine Brust und auf das schwarze 
Rechteck, das er hinter sich in die weiße Wand gekratzt hatte. 
Im September des gleichen Jahres inszenierte Fox im Rich- 
mond Art Center in der Nähe von San Francisco ein Werk 
mit dem Titel Levitation, in dem er sechs Stunden lang auf 
seinem Rücken auf der Erde lag, wobei er das Gefühl ent 
wickelte, sich eine Zeitlang außerhalb seines Körpers zu 
befinden. Er selbst erklärte dazu: »Ich malte mit meinem 
eigenen Blut einen Kreis auf den Boden, der den Durch 
messer meiner Körpergröße besaß. Einer mittelalterlichen 
Tradition zufolge entsteht dadurch ein magischer Raum. 
Dann legte ich mich in den Kreis auf den Rücken. Ich hielt vier 
durchsichtige Polyäthylenröhrchen fest, die mit Blut, Urin, Milch 
und Wasser gefüllt waren und die die elementaren Flüssigkeiten, 
die von meinem Körper ausgeschieden werden, repräsen 
tierten. So lag ich sechs Stunden lang, mit den Röhrchen in 
der Hand, und versuchte zu levitieren. Die Tür war abge 
schlossen. Niemand konnte mich sehen. Ich bewegte keinen 
Muskel und schloß die Augen nicht. Ich versuchte, mich auf 
einen ganz bestimmten Punkt zu konzentrieren.«®® 
Nach vier Stunden spürte Fox seine Gliedmaßen nicht mehr 
und schloß daraus, daß seine Arme und Beine eingeschlafen 
sein mußten. Nach sechs Stunden durften Besucher den Raum 
betreten und sich den Abdruck, den sein Körper auf der Erde 
hinterlassen hatte, anschauen. Fox betrachtete dies aufgrund 
der tiefen Betroffenheit aller, die Zeuge der Entstehung gewe 
sen waren, als seine ausdrucksvollste Plastik. 
Dieselbe Kraft und Energie, die Levitation hervorgebracht hatte, 
beseelte auch Fox’ sechs Jahre lang dauernde Auseinan 
dersetzung mit dem Labyrinth am Boden der Kathedrale 
von Chartres. Derartige Labyrinthmuster finden sich in vie 
len gotischen Kathedralen, wobei der Weg durch das Laby 
rinth den Weg des Pilgers zum rechten Glauben symbolisierte. 
Fox war von der extremen räumlichen Kohärenz dieser ab 
strakten Form fasziniert und erklärte dazu: »Das Labyrinth von 
Chartres wurde für mich zum Gegenstand und zur Struktur 
von allem, was ich tat. Es war wie ein Menschenleben, bio 
graphisch oder autobiographisch. Um vom Rand zur Mitte 
zu kommen - etwa 7 Meter -, mußte man 90 Meter zurück 
legen und jeden Zentimeter der Fläche abgehen.«®® Fox fühlte 
sich aus persönlichen Gründen zu dem Labyrinth hingezo 
gen. Nachdem Ende der sechziger Jahre die Hodgkinsche 
Krankheit bei ihm diagnostiziert worden war, entstand nach 
einer schweren Operation im Herbst 1971 das erste von meh 
reren »Hospital«-Stücken. 1972 galt er als geheilt und begann 
seine Auseinandersetzung mit dem Labyrinth. In den siebzi- 
91 Terry Fox in: Brenda Richardson, Terry Fox, Ausst.-Kat., 93 Terry Fox in; Fred Martin, »Art and History«, in: Artweek, 
University Art Museum, Berkeley 1973, o.S. 22. Mai 1976 S 2 
92 Ibid.
	        
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