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Alberto Greco, Vivo Dito, 1964
kanischen Republik lebt. Zu den Brasilianern gehörten Lygia
Clark, die zwischen 1968 und 1975 in Paris arbeitete; Helio
Oiticica, der sich 1969-70 in London aufhielt und später in
New York lebte, bevor er 1978 nach Rio zurückkehrte; Artur
Barrio, geboren in Portugal, der im Alter von zehn Jahren nach
Brasilien emigrierte; und Mira Schendel, die 1949 als junges
Mädchen aus Italien nach Brasilien kam (sie war in Zürich
geboren). Zwei einflußreiche Schriftsteller der chilenischen
Avanzada-Bewegung der siebziger Jahre, Nelly Richard und
Ronald Kay, zogen von Frankreich bzw. Deutschland nach
Chile. Zu den Londoner Künstlern gesellte sich 1960 David
Medalla von den Philippinen, 1964 Rasheed Araeen aus
Pakistan, 1964 Carlyle Reedy aus den Vereinigten Staaten,
gegen Ende der Sechziger Susan Miller aus den USA, 1969
Paul Neagu aus Rumänien. Und diejenigen, die nicht (viel) rei
sten, waren ebenso empfänglich für den Ideenaustausch,
durch den Künstler sich selbst zu einer Art «Forschungs
gemeinschaft« mit gemeinsamer Sprache formten, wie jene,
die unterwegs waren.
Bei einem Rückblick auf die gesamte Epoche, die diese
Ausstellung umfaßt, kann man diese Zeit vielleicht in drei
Strömungen unterteilen. Sie folgen nahezu chronologisch auf
einander, doch nicht ganz, da es zwischen ihnen viele
Wechselwirkungen gab. Die erste untersucht Aktionen, die die
Konzepte von Malerei und Skulptur sprengen. Die zweite, die
ich als Befreiungsstrategien bezeichne, verweist auf ein wei
tes Spektrum von Praktiken. Die dritte steht in einem engeren
Zusammenhang zur Performance und konzentriert sich -
doch wiederum auf sehr viele, widersprüchliche Weisen, so
daß sie äußerst komplexes Phänomen darstellt - auf den
Protagonisten. Die Kategorisierung beruht hauptsächlich auf
dem Modus und spiegelt die Veränderungen im Nachdenken
über ein grundlegendes, aller Kunst gemeinsames Problem
wider; über die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt, dem
Ich und den anderen, zwischen Kunst und Publikum.
Malerei und Skulptur sprengen
In den fünfziger und sechziger Jahren gab es eine Vielzahl von
Vorschlägen zur Umgestaltung traditioneller Kategorien der
Malerei und Skulptur. Viele verkörperten ein typisches
Paradox der Kunst des 20. Jahrhunderts; die Vorwegnahme
der Zukunft durch Wiederbeschwörung einer lange verflosse
nen Vergangenheit, gar der Anfänge der Kunst. Der diesen
Vorschlägen implizite emanzipatorische Anspruch war im
Grunde eine Erneuerung und Wiederbelebung. Ein starkes
Element der Selbstinszenierung gehörte zu Fontanas
Aufschlitzungen und Durchbohrungen der Leinwand, zu Piero
Manzonis Signierung lebender Körper oder zu Yves Klein,
wenn er im Abendanzug nackte Frauen dirigierte, um durch
sie Spuren auf der Leinwand zu hinterlassen (»lebende Pinsel«
nannte er sie, nur ein Verweis auf die traditionellen Hilfsmittel
der bildenden Kunst). Hier ist der Widerspruch augenfällig. Im
reinen Gestus der Verneinung des Kunstobjekts und der
Bejahung des Lebens haben diese Künstler den Mythos des
Künstlers als Meister und einzigen Urheber überzeichnet.
Vielleicht war die Übertreibung selbst schon ironisch. Auf
jeden Fall bereitete sie den Boden für radikale Veränderungen
innerhalb des Konzepts von Kreativität und Urheberschaft,
wie sie von den partizipatorischen Werken Lygia Clarks und
Helio Oiticicas in Brasilien und von den Praktiken David
Medallas und Susan Millers in Großbritannien repräsentiert
wurden. Das Gesamtwerk dieser Künstler ist zu komplex und
polyvalent, um unter einem Etikett zusammengefaßt zu wer
den. Zur gleichen Zeit stand die Erforschung der un
persönlicheren, »objektiveren« Prozesse stofflicher Transfor
mation, wie sie in der kinetischen Kunst und in anderen
Formen betrieben wurde, im Zeichen des gemeinsamen Ziels,
die Kunst mit den Prozessen und Rhythmen der Natur neu zu
verbinden. Manchmal fielen diese beiden Ansätze in einem
Werk zusammen. Trotzdem sie den Gestus, den der Künstler
mit dem Pinsel vollführte, parodierten, waren Fontanas zer
schnittene Leinwände auch »Raumkonzepte«. Sie ant
worteten auf das Bedürfnis nach, wie Fontana sagte, »einer
Kunst, die dem Materialismus (nicht den Ideen) entspringt und
sich in gewissem Sinne in Übereinstimmung mit den
Naturkräften selbst erzeugt«.
Wenn wir uns selbst von einer streng linearen Chronologie
befreien, können wir damit beginnen, auf Strategien einzuge
hen, in denen das Performance-Element traditionelle, monu
mentale Vorstellungen von Malerei und Skulptur in den Fluß
eines lebendigen Prozesses taucht. In Lateinamerika gehören
dazu die Werke von Alberto Greco, Victor Grippo, Lea Lublin,
Leopolde Maler und Marta Minujin aus Argentinien, von Artur
Barrio, Lygia Clark, Antonio Manuel, Helio Oiticica, Lygia Pape
und Regina Vater aus Brasilien. In Großbritannien betrifft dies
das Werk von Stuart Brisley, Paul Burwell, Susan Miller,
Anthony Howell, John Latham, Li Yuan-chia, David Medalla,
Gustav Metzger, Paul Neagu, Carlyle Reedy, das Frühwerk
von Bruce McLean, Gilbert & George, Barry Flanagan, Richard
Long und viele andere. Aus einigen diesen Strategien ent
standen die partizipatorischen Praktiken zwischen Künst
ler und Zuschauer, die die etablierten und institutionali
sierten Modelle künstlerischer Aktivität in den sechziger und
siebziger Jahren in einem Ausmaß erschütterten, das