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I Giuseppe Pinot Gallizio, Pittura industriale (Industrielle Malerei), 1958.
I Galleria Martano, Turin
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Giuseppe Pinot Gallizio, mit seinem Sohn,
umgeben von Industrieller Malerei, Alba 1958
Seelenspeicher voller Gerümpel. Leute bevi/egen farbige
Formen - Klang - Gerüche.“®
- Allan Kaprow, 1958
Von den zwanziger bis in die siebziger Jahre...schmolz der
Sockel dahin und hinterließ einen Betrachter, der bis zur
Taille im Wand-zu-Wand-Raum steckte. In dem Augen
blick, als der Rahmen abfiel, glitt der Raum über die Wand
und versetzte die Ecken in Aufruhr. Die Collage plumpste
aus dem Bild und machte es sich wie eine Stadtstreicherin
auf dem Boden gemütlich. Der neue Gott, der ausge
dehnte homogene Raum, floß mühelos in jeden Winkel der
Galerie. Sämtliche Hindernisse außer der »Kunst« wurden
beseitigt.
- Brian O’Doherty, 1981
Auch wenn die Aktionskunst Mainstreamkunst, Kunst
geschichte und Ausstellungen weiterhin nur am Rande
berührte, wurden die Konzepte, die man bei ihrer Umsetzung
49 Allan Kaprow, Assemblage, Environment, Happenings, S. 165.
50 Thomas McEvilley. »Art in the Dark«, in: Artforum, 21,10, Juni
1983, S. 62.
51 Das Buch mit dem schlichten Titel Performances von Greg
Dening, emeritierter Professor für Geschichte an der Universität
erforschte, in diese und andere Bereiche übernommen. In sei
nem vieldiskutierten, bedeutenden Aufsatz »Art in the Dark«
von 1983 bemerkte Thomas McEvilley bereits, daß »die
Gattungen Conceptual art und Performance die Regeln der
Kunst auf den Kopf gestellt haben, bis die Kunst für diejeni
gen, die sie für sich beansprucht hatten, praktisch nicht mehr
wiederzuerkennen war«, und drohte seinen Lesern, daß »es
nicht verschwinden werde, weil sein seltsamer Ruf sich
bereits verbreitet hatte«.® Aber auch McEvilleys eloquente
Darstellung und Theorie der Performance-Praxis hinderte die
Geschichte nicht daran, sich wieder in die dunkle Höhle des
ästhetischen Bewußtseins zu verkriechen. Die Übernahme
von Begriffen wie Aktion und Prozeß aus dem Bereich, den
man heute gemeinhin als Performance-Kunst bezeichnet, in
zahlreiche humanistische Disziplinen - vor allem in die »cultu-
ral studies« - wurde nie deutlich gemacht, obwohl die
konzeptuellen Strukturen dieser Begrifflichkeiten immer wie-
Melbourne, widmet sich einer Theorie der Geschichtsschreibung
als Derridasche »Ambivalenz» im Lichte des Bilds von
»Performance«. Siehe Greg Dening, Performances, Chicago
1996, S. xiii.