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sehapparate in seiner instailation TV de-coll/age for Millions:
es war das erste Mal, daß dieses Medium überhaupt in der
Kunst eingesetzt wurde. Er akzeptierte das Fernsehen ais
Verbreiter der »beiden großen Themen des zwanzigsten
Jahrhunderts: Zerstörung und Sex«. Vosteil kam auf den
Begriff de-coll/age, ais er den Ausdruck 1954 in einer
Schiagzeiie der französischen Tageszeitung Le Figaro ent
deckte, die vom Absturz eines Fiugzeugs berichtete, das
gerade gestartet war. Er trennte das Wort in Siiben, um sowohi
die Differenz ais auch die Kontinuität von kreativen und
destruktiven Prozessen hervorzuheben (»coii« für Coiiage
oder Konstruktion und »de« für demontieren oder Dekon-
struktion), und verwendete den Begriff ais synthetisierendes
Prinzip für die destruktiv/kreative Diaiektik westlicher Episte-
moiogie und ais bestimmendes theoretisches Prinzip seiner
Kunst. 1958 entstand mit Theateron the Street Vosteils erstes
großangeiegtes cfe-co///age-Flappening. Da sie in der sozia
len Arena als »Waffen zur Politisierung von Kunst« eingesetzt
werden konnten, erlangten Nein-9-de-coll/agen 1963 allerorts
Beachtung in den Medien.'^^ Für diese Arbeit mietete der
Künstler eine Lokomotive, um damit einen quer über die
Bahnschienen geparkten Mercedes zu rammen und zu zer
stören. Vostells absichtliche Vernichtung eines hochge
schätzten Produkts deutscher Wertarbeit war nicht nur ein
121 De-coll/age tauchte auch in der Arbeit von Raymond Hains auf,
der 1949 anfing, zerissene Piakate (affiches lacerees) von Pariser
Reklametafein zu sammeln. Hains und Jacques de Villegle,
Frangois Dufrene und Mimmo Rotello stellten die zerrissenen
Plakate als öffentliche Relikte aus, die durch einen neuen Kon
text zu Kunst wurden. In diesem neuen Rahmen, der Ausstel
lung, machten affiches lacerees die wechselseitigen Prozesse
und Verknüpfungen zwischen Destruktion und Kreation,
Konstruktion und Dekonstruktion und den Objekten und
Institutionen der Bildenden Kunst und den Artefakten der
Populärkuitur sichtbar.