MAK
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Saburö Murakami, Sakuhin: Hako (Werk: Kiste), 1956/1981. 
Museum of Contemporary Art,Tokio 
Saburö Murakami, Ato'e/i-ß//d, 1957 
Rahmen spezifischer und begrenzter Möglichkeiten. Knapp 
fünf Jahre, nachdem Fontana die Leinwand durchbohrt und 
zerschnitten und Shimamoto sie erstmals aufgerieben hatte, 
durchbrach Saburö Murakami sie in einer Reihe von Werken 
auf dramatische Weise. Er schuf Bildoberflächen und Envi 
ronments aus Papier, durch die er sich mit einer gekonnten 
Anspielung auf die Tradition der japanischen Kampfkunst hin 
durchstürzte, Diese performativen Aktionen führten zu einem 
Relikt (zerrissenes Papier), das für die Dauer der Ausstellung, 
in der es präsentiert wurde, zu sehen war und anschließend 
zerstört wurde. Anstatt Objekte für die Nachwelt zu erzeugen, 
entschied sich Murakami, diese für jede Ausstellung neu 
herzustellen. Tatsächlich waren seine Anleitungen zu diesen 
Werken so präzise, daß andere sie ausführen konnten. Dies 
verlieh den Werken eine vom Künstler unabhängige Existenz 
und untergrub ihren ökonomischen Wert.^' 
Anläßlich der »First Gutai Art Exhibition«, die im Oktober 1955 
in der Ohara Kaikan Hall in Tokio stattfand, führte Murakami 
Gleichzeitige Öffnung von sechs Löchern (Isshun ni shite rokko 
no ana o akeru) auf. Dieses Werk, das die Tradition der Shöji 
und Fusuma, Raumteiler aus Papier und Holz, in eine hero 
ische Dimension steigerte, bestand aus einer Serie von drei 
etwa 1,80 x 3,60 Meter großen Papierpanelen, die Murakami 
sechs Mal durchbrach. Die Dimensionen der Arbeit ähnelten 
den wandgemäldegroßen Bildern Pollocks und der Abstrak 
ten Expressionisten, obwohl für Murakami die performative 
Komponente wichtiger war als die Herstellung eines dauer 
haften Objektes, die stets das ultimative Ziel der Maler des 
Action painting blieb. Murakami sprengte seine sorgfältig kon 
struierten und nach den Regeln des Kunsthandwerks straff 
bespannten Holz- und Papierschirme in einer einzigen gesti- 
schen Bewegung. Der sich durch die Bildoberfläche schleu 
dernde Künstler attackierte so gleichermaßen Traditionen west 
licher und östlicher Kunst, und war zudem eine Metapher für 
die Atombombe, die das Gefüge der Menschheit zerrissen 
hatte. 
Gleichzeitig zu seinen gestischen Performances schuf Mura 
kami eine partizipatorische Arbeit in Form eines manueli her 
gestellten hölzernen Kubus, Noch vor Piero Manzonis Magi 
schem Sockel (Base Magica) und Yoko Onos Painting to Be 
Stepped On forderte er die Betrachter auf, »bitte auf dem Sockel 
Platz zu nehmen«, und verwandelte den Zuschauer so in einen 
an der Vollendung des Werkes aktiv Beteiligten. Für die »Second 
Gutai Art Exhibition«, die im Oktober 1956 in der Ohara Kai 
kan Hall stattfand, stellte Murakami einen zweiten Kubus her, 
auf den er folgende Anleitung schrieb: »Bitte legen Sie Ihr Ohr 
an die runde Markierung auf der Oberseite der Kiste.« Darin 
befand sich eine Uhr, die zu nicht kalkulierbaren Zeiten 
verschiedene Klingelzeichen abgab. Die konzeptuelle Natur 
solcher Arbeiten unterstreicht den ebenfalls konzeptuellen 
Ansatz von Murakamis gestischeren und theatralischeren Wer 
ken. Und schließlich schuf Murakami zur gleichen Zeit Arbei- 
21 Alexandra Munroe (wie Anm. 16), S. 91.
	        
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