Regulierungstätigkeit beinahe vollständig, kaum die
notwendigsten Erhaltungsarbeiten konnten durch
geführt werden. Die Folge war, daß die alten Bauten
verfielen und der bis 1914 schon im großen und
ganzen in ein einheitliches Gerinne gebrachte Fluß
neuerlich zu verwildern begann. Fetzteres trat vor
nehmlich in der Strecke von der Landschabrücke
bis Spielfeld und zwischen Mureck und Radkersburg
ein. In dieser Strecke förderte die Entartung noch
der Umstand, daß durch den Friedensvertrag von
St. Germain das rechte Ufer an Jugoslawien fiel
und dieser Staat bis in die jüngste Zeit keinerlei
Regulierungsbauten ausführte. Seit dem Herbste
1924 setzte auf österreichischer Seite wieder eine
geregelte Regulierungstätigkeit ein und seit 1927
wird auch in Jugoslawien nach einem mit Österreich
einvernehmlich festgesetzten Plane die Murregu
lierung wieder fortgeführt. Beider haben die für die
Regulierung zur Verfügung stehenden Mittel die
Höhe der Vorkriegszeit noch lange nicht erreicht.
Die derzeitige Regulierungstätigkeit besteht
hauptsächlich in der Behebung der im Faufe der Zeit
eingetretenen Verwilderung, die aber in der vorne
erwähnten zwischenstaatlichen Strecke mehr
weniger einer Neuregulierung gleichkommt. Weiters
wird in einigen, bisher überhaupt noch nicht regu
lierten Strecken, wie bei Werndorf und zwischen
Ehrenhausen und Spielfeld, mit der systematischen
Flußregulierung begonnen.
Die noch leidlich erhaltenen Bruchufer werden
durch Ergänzung der Steinwürfe und allfällig not
wendige Aufholung der Uferbauten gesichert. Da
sich der seinerzeit verwendete Stein als nicht be
ständig erwiesen hat, wird jetzt nur mehr hoch
wertiges Steinmaterial, vor allem Beton, aus wirt
schaftlichen Gründen zur Ausnützung des geeigneten
Geschiebematerials in Form unregelmäßiger Steiner,
verwendet. Durch die regere Bautätigkeit der letzten
Jahre ist es gelungen, die weitere Verwildung der
Hauptsache zum Stillstand zu bringen.
Die Regulierungsbauten werden in der spar
samsten Weise ausgeführt und dazu nur größtenteils
Baustoffe, die im oder am Flusse Vorkommen, ver
wendet. Die Grundbauten unter Wasser bestehen
aus Faschinenwalzen (Weiden- oder Erlenstauden,
mit grober Kiesfüllung), der Oberbau aus Kies
dämmen, die mit natürlichen oder Betonsteinen ab
gepflastert sind. Bei minder in Anspruch genom
menen Bauwerken werden reine Faschinenbauten
verwendet.
Die Regulierungstätigkeit wird noch Jahre hin
durch fortgesetzt werden müssen, um das seinerzeit
gesteckte Ziel, die Schaffung eines einheitlichen
Gerinnes mit festen, gesicherten Ufern sicherzu
stellen. Für die nächsten Jahre reichen die Baumittel
im bisherigen Ausmaße gerade hin, um Schritt für
Schritt die verwilderten Strecken in Ordnung zu
bringen. Um jede neuerliche Entartung zu ver
hindern, müssen im Laufe der späteren Jahre alle
noch vorhandenen Bauwerke mit widerstands
fähigem Material aufgeholt werden.
Mit der Murregulierung von Graz bis zur jugo
slawischen Staatsgrenze ist ein bedeutsames und für
das Land und die Bevölkerung des unteren Mur
tales vorteilhaftes Werk geschaffen worden. Es
wäre nur zu wünschen, daß auch in der Zukunft die
nötigen Mittel zur Verfügung stehen, um die
Schäden, die der Krieg und seine Folgezeit dem
Unternehmen zugefügt haben, zu beheben und die
Regulierung soweit zu vollenden, daß unter nor
malen Verhältnissen nunmehr die weitere Erhaltung
der Regulierungsbauten erforderlich ist.
In der Strecke von Graz aufwärts bis zur Salz
burger Landesgrenze bestehen die Maßnahmen in
der Regulierung einzelner Flußstrecken, die, wenn
auch nur nach dem jeweiligen Erfordernisse, so
doch nach einem mehr weniger einheitlichen Plane
vor sich gehen. So wurden in den letzten Jahren
Regulierungsstrecken ausgebaut: Frojach—Teufen-
bach, Hirschfeld—Scheifling, Krubath—St. Stefan,
Weyern—Groß Lobming, die Strecke Frojach—
Saurau ist vor der Vollendung, mit Lainz—Lind
wurde begonnen.
Betreffend die Ennsregulierung ist zu
bemerken: Durch die vielen Wildbäche und weiter
hin durch die Holztrift, mit der alljährlich gegen
40.000 fm Kohlholz nach Hieflau abgetriftet werden,
hatte ungefähr um das Jahr 1860 der Ennsfluß eine
vollständige Entartung und Verwilderung erreicht.
Selbst kleinere Hochwässer überfluteten die Tal
gründe, so daß sich deren Bewirtschaftung durch
die immer mehr zunehmende Versumpfung als nicht
mehr erträglich erwies. Auch in sanitärer Hinsicht
brachte die Versumpfung des Talgebietes für die Be
wohner höchst ungünstige Lebensbedingungen, so
daß die Bevölkerungsanzahl ständig zurückging.
Der Verkehr im Ennstale selbst war durch die un
zureichenden Abflußverhältnisse sehr behindert.
Mit der kaiserlichen Entschließung, Laxenburg,
am 30. August 1859, wurden die notwendigen Maß
nahmen für die Entsumpfung des Tales und der
damit zusammenhängenden Regulierung des Enns
flusses angeordnet und wurde gleichzeitig bestimmt,
daß außer den staatlichen Wasserbaufonds und
Straßenbaufonds auch das Land Steiermark, die
Hauptgewerkschaft in Eisenerz als Besitzerin der
Hochöfen und die Besitzer der Torflager zur Bei
tragleistung einzubeziehen sind. Mit dem Gesetze
vom 26. August 1864, LGB1. Nr. 9, wurde, nachdem
vorher ein allgemeiner Bauentwurf ausgearbeitet
worden war, die Regulierung des Ennsflusses in der
Strecke Gesäuse-Eingang bis zur Weißenbach-
Mündung mit einem veranschlagten Erfordernisse
von 572.000 Gulden ö. W. beschlossen. Vom Jahre
1860 bis 1905 wurde im Rahmen des I. Bauab
schnittes in der Strecke Gesäuse-Eingang bis Espang
durch Herstellung von 29 Durchstichen der früher
60 km lange Fluß auf 45 km gekürzt. Für den
weiteren Ausbau und die Vervollständigung dieser
Strecke werden durch weitere 5 Gesetze die not
wendigen Baumittel sichergestellt und aufgebracht.
Inzwischen hatten sich die Zustände in der Strecke
Espang bis Weißenbach-Mündung, wo nur einige ört
liche Schutzbauten bis zum Jahre 1905 ausgeführt
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