Die Musik in Wien.
urch seine überragende Bedeutung in der Tonkunst ist Wien
nicht blos die musikalische Reichshauptstadt Österreichs, sondern
ein mächtiges Reich für sich. Seine musikalische Oberhoheit
reicht weit über die Grenzen der Monarchie hinaus. Leichte
Anklänge slaoischer, magyarischer, italienischer Weisen, belebend
und verschönernd wie Racemnischung überhaupt, klingen leise
herein, ohne den eminent deutschen Charakter der Wiener
Musik zu beirren. Denken wir uns das gestimmte Reich deutscher
Tonkunst etwa als einen freien Staatenbund, in welchen: bald
dieses, bald jenes Land zeitweilig einen helleren Glanz ans
strahlt — Wien bleibt, der Zeit wie dem Range nach, doch
der erste Vorort dieses großen Bundes. Was Wien seit
anderthalb Jahrhunderten an großen Tondichtern besessen, an unsterblichen Kunstwerken
hervorgebracht, an lebendiger Musik in weithinreichende Bewegung gesetzt hat, das bildet
eines der reichhaltigsten Capitel der Musikgeschichte überhaupt und erstreckt seine Wirkung
über die gesummte Welt der Tonkunst. Man denkt, wenn vom musikalischen Wien die
Rede ist, zunächst an Hahdn und Mozart, Beethoven und Schubert. Aber viel weiter hinaus
reicht der musikalische Stammbaum Wiens.
Schon im Mittelalter galt Wien für eine der blühendsten Pflegestätten deutscher
Dichtung und Musik. Von deutschen Minnesängern stammten manche der gefeiertsten
aus österreichischen Landen und „die fröhliche Kunst" blühte im XII. und XIII. Jahr
hundert gar üppig am österreichischen Hofe. Und bis in jene ferne Zeit hinauf läßt sich