Anhänger aus Silber, Opa
len, Kupfer. Mondsteinen
und Perlmutterschalen;
versilberter Goldring mit
Brillanten, nach Entwür
fen von Prof. Joseph Hoff-
mann ausgeführt von der
Wiener Werkstätte, aus
dem 20. Heft der „Hohen
Warte“ I. hier wiederholt
zum Vergleich mit altem
und neuem Schmuck auf
Seite 9.
Rechts: Anhänger, Ent
wurf von Prof. K. Moser
(Wiener Werkstätte).
bestehen auf dem unlauteren Schein, eine persönliche Hand
arbeit in ihrem Schmuck zu besitzen, wenn es auch Maschinen
produkt ist. Weil Sie den Stil des Werkzeugs, die in der
Tat großartige handwerkliche Überlieferung in der Gold
schmiedekunst und ihre künstlerischen Ausdrucksmöglich
keiten nicht erkennen — wir werden sie späterhin eingehend
erörtern — weil Sie also gar nicht zu unterscheiden wissen,
was gut und schlecht ist und daher auch keinen Geschmack
haben können, so genügt Ihnen dieser grobtäuschende Schein
und das Bewußtsein des hohen Rohstoffwertes von Gold
und Diamanten, mit denen Sie sich oder Ihre Frauen nach
Art der Parvenüs behängen. Sie haben jede persönliche Be
ziehung zum Schmuck verloren und ihn dadurch ästhetisch
unmöglich gemacht. Gerade der edle Schmuck kann die
persönliche Beziehung nicht entbehren. Die Frauen und
Mädchen tragen Stoffe und wählen sie in Farben, die zu
ihrem Alter, ihrer Gesichtsfarbe, ihren besonderen Zwecken
passen. Die Farben sollen zur Gesichtsfarbe in solchem
Kontrast stehen, daß es harmonisch wird, so daß man sagen
kann: diese Farbe kleidet Sie gut. Zum Stoff und zur Farbe
haben Sie eine persönliche Beziehung, Sie wirken darin oft
künstlerisch. Den Schmuck aber tragen Sie nicht als Mittel,
Ihren persönlichen Ausdruck zu erhöhen, Ihre Erscheinung
zu steigern und zu vollenden, sonst würden Sie die unendlich
variierten, in der Variation immer individuellen Halbedel
steine höher schätzen, auch nicht um Ihre persönliche Be
ziehung und Schätzung edler und echter künstlerischer Arbeit
und damit Ihre höhere menschliche Bildung und Kultur zu
offenbaren, sondern aus dem sehr gewöhnlichen Bedürfnis,
Reichtum zur Schau zu tragen, vorausgesetzt, daß das Material
nicht gefälscht ist, was aber eigentlich an der Tagesordnung ist.
Nur jener Stil des Werkzeugs verbindet die Goldschmiede
kunst mit den besten Erzeugnissen der Blütezeiten und läßt
sie doch nicht altern. Die guten künstlerischen Erzeugnisse
von heute haben mit den guten Beispielen aller Zeiten und
aller Völker das Gemeinsame der Technik, des Werkzeugs
und der Handwerksüberlieferung. Diese sind uralt. Dieser
Stil aber besitzt die höchste persönliche und künstlerische
Ausdrucksfähigkeit. Darum kann dieser Stil der Sachlichkeit
dem modernen Gedanken dienen und die alten ornamentalen
und abgelegten Formen zu gunsten neuer Ideen verlassen,
ohne im geringsten das Material und die technischen Be
dingungen zu vergewaltigen. Denn die sachgerechte Be
handlung des Materials steht im Kernpunkt des neuen künst
lerischen Willens, der zugleich uralt ist. Ich stelle hier alten
englischen, romanischen und russischen Schmuck zusammen
mit neuem englischem von Wilson und neuem Wiener Schmuck
aus der Wiener Werkstätte und man wird an ihnen die Unter
schiede des Zeitgeschmackes finden, aber zugleich das Gemein
same der technischen oder handwerklichen Elemente, aus
denen sich so verschiedenartige und individuelle Gebilde
aufbauen. (Fortsetzung im nächsten Heft.)
9