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eine grössere Gruppe solcher Arbeiten vor, bei welchen sowohl
das figurale wie das rein ornamentale Element in meisterhafter
Weise beherrscht wird. Es sei nur auf die flaschenförmigen Vasen
des Grafen Erdödy, den schönen Satz von Weinkrügen und Wein
bechern des Baron Stillfried und die grossen Schüsseln des Herrn
Weissberger hingewiesen.
Einige dieser Stücke, wie zum Beispiel gerade die beiden
letztgenannten, weisen eine auffallend freie Behandlungsweise auf.
Es erklärt sich dies dadurch, dass diese Gruppe von Arbeiten so
wohl, wie eine andere, farbige, nicht immer im engsten Zusammen
hänge mit der Wiener Fabrik steht, wenngleich das Porzellan
selbst aus ihr hervorgegangen ist. Sie sind ausserhalb der Fabrik
dekoriert. In der Schwarzlotmalerei kennen wir den Breslauer
Preussler, in der Buntmalerei den bald in Breslau, bald in Wien
lebenden Bott engruber, die auf eigene Rechnung die Porzellan
malerei betreiben. Sie nehmen die weissgebrannten Stücke, wo sie
sie bekommen und verzieren sie in einer oft ganz erstaunlich
reichen, freien und künstlerischen Weise. Es hat sich für diese,
vielleicht eine zahlreiche Gruppe von Künstlern bildende Gilde der
Ausdruck „Überdekorateure“ eingebürgert. Diese Bezeichnung ist
jedoch nicht ganz zutreffend, denn dem Überdekorateur entspricht
kein Unterdekorateur und der Überdekoration keine Unter
dekoration. Es ist vielmehr einfache Dekoration des weissen
Scherbens, daher die Bezeichnung Hausdekorateure und
Hausdekoration, ähnlich wie man von einer Hausindustrie im
Gegensätze zur Fabriksindustrie spricht, richtiger wäre. Der
Franzose nennt diese Leute daher auch ganz richtig chambrelans
(Heimarbeiter). Die Hand Bottengrubers ist auf einer Anzahl auch
nicht signierter Stücke deutlich zu erkennen. Dieser Haus
dekorateur lebte teils in Wien, teils in Breslau und bezeichnet
sich auf der Schale der Sammlung Lanna in Prag Nr. 172
direkt als Schlesier. Den Höhepunkt seines Könnens scheint er in
der Schokoladetasse des Österreichischen Museums, die er
„Viennae 1730“ datiert, zu erreichen.
Der Breslauer Polyhistor Kundmann erzählt in der 1723
erschienenen Breslauer Sammlung von Natur- und Medizin-
Geschichten, dass in Wien Porzellan aus Debreziner Erde ver-
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