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motive. Ferner nimmt die Blumen- und Früchtemalerei, die bereits
in den „deutschen Blumen“ von den ostasiatischen Vorbildern
abzuweichen begann, und die später die reine Flächenwirkung
immer mehr verlässt, einen grossen Aufschwung.
In der langsamen Ausbildung des Naturalismus in der
Blumenmalerei lässt sich ein ununterbrochenes Fortschreiten von
dieser Zeit an bis ins 19. Jahrhundert verfolgen. Bereits in den
achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts basiert der Blumendekor
auf einer so sorgfältigen Wiedergabe des Naturoriginals, dass ein
geradezu naturgeschichtliches Interesse das Dekorative zu ver
drängen beginnt. Eines der interessantesten Übergangsstadien auf
diesem Wege bezeichnet das prächtige Laudonsche Service, nach
der Familientradition ein Geschenk der Kaiserin an den Feldmar
schall. Die lose verstreuten deutschen Blumen der früheren Zeit
sind verschwunden und durch einen Dekor ersetzt, der bestimmte
Stellen, gewöhnlich die Mitte oder V Orderseite des Gefässes durch
volle Sträusse stärker betont, gegen den Rand zu aber eine freie,
leichtere Musterung durch einzelne Streublumen anordnet. Ebenso
wird an allerlei Luxus- und Gebrauchsgeschirr das Meissener
Schuppenmuster, das am äusseren Rande ansetzt und nach innen
zu von unregelmässig verlaufenden Goldschnörkeln begrenzt wird,
von Wien aufgenommen. Das chinesische Genre bleibt während
dieser ganzen Periode beibehalten und tritt bald als direkte Nach
ahmung auf, bald mischt es seine Motive mit denen des Rokoko.
Zu den prächtigsten Beispielen einer freien Verwendung chine
sischer Anregungen aus jener Zeit gehören die grossen Topf
vasen des Fürsten Nikolaus Esterhazy (Nr. 219 und 221).
Auf Direktor Mayerhofer folgte 1758 Josef Wolf und diesem
wurde 1770 Hofrat von Kessle r als oberster Leiter vorgesetzt. Unter
Wolf nahm die Fabrik einen ausserordentlichen Aufschwung. Die
figurale Plastik, bis dahin etwas vernachlässigt, bemühte sich sicht
lich, es der Meissener gleich zutun. Der grosseZwettler Tafelaufsatz,
wenngleich unbemalt, ist ein glänzendes Beispiel hiefür. Die Be
stellung dieses Aufsatzes stammt aus dem Jahre 1767.
Wir befinden uns hiemit in der Periode, in der Wien der
Meissener Fabrik, die unter dem 7jährigen Kriege (1756—1763)