XII
schwer zu leiden hatte, die sehr bedeutende Ausfuhr nach der
Türkei entriss.
Allerlei prächtig dekorierte Wassergefässe, tiefe und flache
Deckelschalen für Konfitüren u. s. w., die man heute noch zahl
reich in der Levante antrifft, geben Zeugnis von den lebhaften
Beziehungen, die die Wiener Fabrik damals zum Orient hatte. Es
ist bezeichnend, dass 1766 der Modelleur Müller aus Meissen nach
Wien geschickt wurde, um hier neue Techniken kennen zu lernen.*)
Zwischen 1770 und 1780 war der Wiener Fabrik durch das
englische Steinzeug, namentlich durch die Wedgwoodware eine
gefährliche Konkurrenz erwachsen. Denn bedeutete dieselbe dem
Hartporzellan gegenüber auch keinen technischen Fortschritt, so
beherrschte sie doch den Geschmack des Publikums, und Wien
zögerte nicht, dieser Geschmacksrichtung Rechnung zu tragen. Wir
finden zu Beginn der achtziger Jahre nicht nur direkte Wedgwood-
Imitationen, sondern auch nach Art des Wedgwood-Porzellans
matt behandelte Reliefmedaillons als Dekor im übrigen glasierter
Gefässe, wovon unsere Ausstellung namentlich in den Kühl-
gefässen des Speiseservices des Grafen Latour schöne Beispiele
bietet. Vor dem englischen Einfluss beginnend und durch längere
Zeit andauernd als dieser wird der von Sevres fühlbar. Ganz be
sonders war es das prächtige, wie von innen herausleuchtende
Blau, das man sich mit Erfolg nachzuahmen bemühte. Zahlreiche
Beispiele unserer Ausstellung weisen auf die mehr oder minder
gelungenen Versuche nach dieser Richtung hin, und das prächtige
Liechtenstein’sche Service, das auch in seinem Dekor die fran
zösische Anregung nicht verleugnet, zeigt uns die Wiener Fabrik
nach dieser Richtung bereits vollständig auf der Höhe.
Später unter Leithner wurde dieses Blau geradezu zu einer
Spezialität Wiens. Nicht zu übersehen sind ferner die Verdienste
Kesslers um die Verbesserung der Masse.
War das Wiener Porzellan der Rokokoperiode in der Regel
noch gelblich undunrein, so gewinnt es jetzt sichtlich in Bezug
auf das reine Weiss seiner Farbe sowie in Bezug auf Glätte und
Sauberkeit der Ausführung. Die schlechte finanzielle Lage der
) Vergl. Berling,