XIV
Unter Führung der Akademie entstanden förmliche Maler
schulen an der Fabrik, und Namen wie Claudius und Lorenz Herr,
Michael Daffinger, Josef Nigg u. v. a. erfreuten sich nicht
allein im engeren Kreise der Porzellanmalerei, sondern innerhalb
der Wiener Künstlerschaft überhaupt des besten Rufes, während
Grassi als Modelleur einen entscheidenden Einfluss ausübte. Diesen
Künstlern stand in Joseph Leithner ein tüchtiger Chemiker zur
Seite. Die Farben der Wiener Fabrik zeichnen sich in dieser Zeit
durch besonderen Glanz und aussergewöhnliche Leuchtkraft aus.
Ein schönes tiefes Blau wurde geradezu nach Leithner benannt,
und auch die Vervollkommnung der Lüsterfarben in braunen und
violetten Tönen war sein Verdienst. Nicht xninder treten in Bezug
auf die Verfeinerung der Masse in dieser Periode wesentliche Ver
besserungen ein, und speziell die reine Biskuitmasse, die als Imi
tation des weissen Marmors in der Periode der Wiederbelebung
der Antike ganz besonderen Beifall fand, bedeutet einen Fort
schritt, der hauptsächlich auf die Bemühungen Leithners zurückzu
führen ist.
Unter diesen Umständen erscheint es auf den ersten Blick
überraschend, dass in Bezug auf die Formen der Gefässe eine sehr
geringe Abwechslung herrscht. Die Dejeuners sowie die einzelnen
Kaffeetassen zeigen fast durchwegs glatte zylindrische Flächen,
eckige Henkel und eine ungemein schlichte Profilierung der
übrigen Teile. Dies entspricht aber durchaus der an der Wiener
Fabrik herrschenden Tendenz, die künstlerische Wirkung ganz
besonders in der Malerei und in der Vergoldung zu sehen.
Bei Speiseservicen zeigt sich an Terrinen und Saucieren
u. dgl. die Tendenz, den antiken Vasenformen möglichst nahe zu
kommen und die eigentlichen Ziergefässe wetteifern ganz unge
hindert mit griechischen Vorbildern.
Wo der Modelleur Abwechslung in die Formen zu bringen
sucht, sehen wir ihn sofort zu figuralen Gebilden seine Zuflucht
nehmen, die sichtlich von der antiken Bronzeplastik inspiriert sind.
Das entscheidende Verdienst hinsichtlich der bis zur höchsten
Vollendung getriebenen Vergoldung muss dem Leiter der Ver
golderklasse Georg Perl zugeschrieben werden. Er war es, der
den lange als Geheimnis bewahrten Reliefgolddekor ausbildete und