Daß in einer Aussteliung, die den Titel „Raum und Mode“ führt, die Wäsche, ein
von der jeweiligen Mode besonders beeinflußter Artikel, nicht fehlen darf, ist selbst
verständlich.
Wer denkt bei dem Wort „Mode“ nicht sofort an Kleidung und Wäsche? Unleug
bar hat auf dem Gebiete der Wäsche die Mode der letzten Zeit eine durchgreifende
Umwandlung herbeigeführt. Einzelne der jüngsten Generation bereits unbekannte
Wäschesorten wurden mit einem Schlage aus der Welt geschafft. An ihre Stelle trat
die praktische Kombination und das Pyjama, beides Errungenschaften, die sogar
den Wäschebedarf des Mannes, der bisher strenge an der althergebrachten Wäsche
festgehalten hatte, eroberten.
Der Begriff „Wäsche“, bis in die ältesten Zeiten nachweisbar und untrennbar ver
bunden mit den Fortschritten menschlicher Kultur, ist auf dem Gebiete der Mode
erscheinungen deshalb besonders hervorzuheben, weil die Wäsche, durch die Klei
dung verdeckt, also keineswegs zur Schau getragen, dennoch nie darauf verzichtet
hat, der Mode zu folgen und als gelehriger und williger Schüler sich stets, soweit
es möglich war, den Lehren der Ästhetik und der Hygiene unterwarf.
Wetteiferten in längst vergangenen Zeiten Flandern und die Niederlande in der
Herstellung von Kunstwerken in Wäsche, ist in der Gegenwart neben Paris haupt
sächlich Wien als Hauptstätte dieser Erzeugung hervorzuheben. In impulsiver Weise
hat Wien jeder neuen Richtung der Wäschemode den Stempel seiner Subtilität,
seines Geschmackes und Schönheitssinnes verliehen.
Die Ausstellung „Raum und Mode“ soll nunmehr zeigen, daß österreichische Kunst
im Handwerk, längst schon in hoher Blüte stehend und im Wandel der Mode richtung
gebend, noch fortlebt und trotz aller Zeiten Bedrängnis und Not sich weiterentwickelt.
HANDELSKAMMERRAT ANTON KOPECKY
Vorsteher der Genossenschaft
der Wäschewaren-Erzeuger, Sticker und der ihr zugewiesenen Gewerbe in Wien