säulengetragenen Baldachin überhöht und mit einer
goldschmiedenen oder plastischen, architektural aufge
gliederten, niederen, aber breiten Heiligenbilderwand
(Retabel) geschmückt. Eine große Kreuzgruppe mit
Assistenten war am Lettner angebracht. Das Formbild
der Plastik der Mitte des 12. Jahrhunderts wies noch
ottonische, der expressiven Liniendynamik zugehörige
Züge. Zunahme von Volumen und Bewegung, bei wie
derholtem Einströmen byzantinischer Einflüsse, charak
terisieren das Jahrhundertende und den Beginn des
13. Jahrhunderts, das dem Tierornamente neuerdings
Geltung verschaffte. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts
gelangten dann über die Bettelorden aus Frankreich
frühgotische Bau- und Formelemente nach Österreich,
das bisher von Aquileja, Salzburg und Passau seinen
skulpturalen Bedarf durch dortige Hüttenplastiker und
Bildschnitzer decken mußte.
Erst um 1260 kann mit Sicherheit von bodenständigen
geistlichen und weltlichen Werkstätten im Lande ge
sprochen werden. Gegen Ende des Jahrhunderts trat
schließlich der spätromanische, alpenländische Splitter
stil (durchaus projektiver Grundhaltung) in Reliefs, aber
auch in Rundplastiken, in seine Rechte. Er leitete gleich
zeitig mit der allgemeinen Übernahme der gotischen
Kirchenbauformen um 1300 durch unsere Klöster zum
frühgotischen, plastischen Formbilde über, das von den
großen süddeutschen Dombauhütten seinen Ausgang
nehmend, im Naturgleichnis, bei besonderer Betonung
unirdischer Haltung und Reinheit, in Portal- (und
Pfeiler-), Altarretabel- und Tabernakelaltarfiguren
seine Erfüllung fand. Mit dem Verklingen der Mystik
um und nach 1350, als sich die Hallenkirche, später mit
polygonalem Umgänge, durchsetzte, löste die erste
hochbürgerlich-realistische Welle die bisher vom hohen
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