Arbeiten des Ateliers Girard & Rehlender für Lobmeyr sind uns einerseits als „Werk
zeichnungen“ in den von Lobmeyr dem Museum gewidmeten Bänden, andererseits in
einer Serie von Zeichnungen erhalten. Eine Vasenserie „mit orientalischen Gold und
Emailornamenten“ umfaßt im Band XI der Lobmeyr-Werkzeichnungen drei Blätter mit
ingsgesamt fünf Vasen (Abb. 118, S. 157; 125, S. 164; 128, S. 167). Während das Mittelmo
tiv der Vase Blatt A (Abb. 123, S. 162; 124, S. 163) einer Rosette arabischer Provenienz
zuzuordnen wäre, scheinen die anderen Ornamente zum größten Teil Variationen bzw.
freie Umbildungen maurischer Ornamentik zu sein, wie wir sie vom sogenannten
„Alhambra-Stil“ her kennen. Das besagte Mittelmotiv findet sich sehr verwandt in
einem Blatt aus Racinets Werk „l’Ornement polychrome“; die Lieferung, die diese Ab
bildung enthält, erschien 1872, und sollte es sich beim Vasenornament um einen direk
ten Rückgriff auf diese Rosette (Abb. 123, S. 162) handeln, so wäre die Adaptierung
(1872 Publikation Racinets, 1873 Glas auf der Wiener Weltausstellung) sehr rasch er
folgt. Natürlich ist eine Anregung von einem anderen Vorbild nicht auszuschließen,
doch frappieren etwa die Parallelen in der Form der Umrahmung, wenn auch Details
abweichen. In Prisse d’Avennes Werk „L’Art arabe“ ist diese Rosette wenig später
nahezu identisch wiederzufinden.
Die maurische Ornamentik scheint in den Dekorelementen der anderen vier Vasen
stärker ausgeprägt zu sein (Abb. 125, S. 164; 128, S. 167); Vergleichbares ist bereits in
der „Gewerbehalle“ 1867 abgebildet, wenn auf die „maurischen Friesverzierungen und
Bogeneinfassung aus der Wilhelma in Cannstatt bei Stuttgart; componirt vom t Hof
baumeister Zanth“ (Gewerbehalle 1867, S. 20,54,88 etc., Abb. 113-115, S. 150-152) und
ihre Herkunft von der Alhambra verwiesen wird. Die „Wilhelma“ bei Stuttgart wurde im
Auftrag König Wilhelms von Württemberg von Ludwig von Zanth 1842-1846 geschaf
fen (Kat. Weltkulturen 1972, S. 61, Nr. 49, Abb. S. 57). Interessant sind die Farbangaben
(Gewerbehalle 1867, S. 20) für die „Wilhelma“-Ornamente: Zinnoberrot, Gold, Azur
blau, Grün, Weiß und Schwarz, wobei manchmal eine Konfrontation von Blau und Rot
angegeben wird.
Die Werkzeichnungen von Salb, Girard und Rehlender sowie Teirich sind ebenfalls von
kräftiger Farbigkeit (Abb. 5-8, S. 26,27,30,31), die dem Glas eine besondere Wirkung
verliehen haben mag; leider ist uns bisher kein einziges GlasTeirichs und Salbs im Ori
ginal bekannt. Zur Differenzierung der arabischen von der maurischen Farbigkeit führt
die „Gewerbehalle“ aus: „Vergleicht man die arabischen Ornamente, von denen wir in
der Folge noch mehrere Beispiele geben werden, mit den maurischen der Alhambra,
... so bemerkt man, daß die arabischen Ornamente nicht so glücklich in der Vertheilung
des Grundes und Ornamentes, weniger mannigfaltig, monotoner sind. Auch zeigen die
meisten maurischen Ornamente, im Gegensatz zu den arabischen, verschiedene
Ornamenten=Gründe nach Form und Farbe. Wir nehmen einen oberen, frei und kühn
vertheilten, dem Auge einen Ruhepunkt gewährenden Ornamenten=Grund wahr, und
einen etwas tiefer gelegenen, der gewöhnlich fein mit dem oberen Ornamente durch
flochten in anderer Form und Farbe erscheint, so daß sich diese maurischen Orna
mente, sowohl in der Nähe als Ferne betrachtet, schön ausnehmen. Im Allgemeinen
kann man auch, wie von dem Ornament, von den Bauten der Araber sagen, daß sie sich
großartig, massig darstellen, daß aberden maurischen Bauten und Ornamenten mehr
Zierlichkeit und Eleganz eigen ist“ (Gewerbehalle 1863, S. 34).
Das Bekanntwerden der maurischen (oder „Alhambra“-) Ornamentik war im 19. Jahr
hundert schon frühzeitig möglich. Wenn auch Reisen der Künstler selbst zu den Stät
ten der „spanisch-maurischen“ Kultur vorkamen, so haben doch überwiegend die so
genannten „Vorlagenwerke“ zur Verbreitung der entsprechenden Ornamentik beige
tragen: Die Werke von James Cavanah Murphy und Owen Jones sind hier wohl als
wichtigste zu nennen (Abb. 96-112, S. 138-149).
135