Bei den Massenartikeln, welche die Hauptziffer für die Ausfuhr liefern, ist in erster Linie
der Preis massgebend; bei den andern Waaren hingegen die in jeder Hinsicht gedie
gene Vollendung; einen gleichen Massstab an beide Serien dieser Producte zu legen,
wäre somit eine Ungerechtigkeit gegenüber jeder.
Was die Massenartikel anbelangt, so waren dieselben in der österreichischen Abthei
lung in einer Reichhaltigkeit, und dabei zu oft so staunenswerth billigen Preisen vertre
ten; vielfach die Formen so weitaus gefälliger, deren Dekorirung geschmackvoller, als
wir sie auf früheren Ausstellungen fanden, dass wir überall einen wesentlichen Fort
schritt anerkennen mussten.
Mehrere Fabriken, in erster Linie J. Schreiber und Neffen in Wien, haben seit mehreren
Jahren durch verbesserte Einrichtungen das für die Raffineure erforderliche farbige
Rohglas weit billiger als früher und dabei selbst besser zu liefern vermocht, so dass
diese Waaren um so mehr schöner und preiswürdiger als vorher auf den Markt kom
men, als auch die Raffineure im Vergolden und Malen bereits manche Verbesserungen
erzielten.
Der Absatz von solchen leicht dekorirten Artikeln steigerte sich von Jahr zu Jahr und in
letzterer Zeit so bedeutend, dass die Arbeitslöhne namhaft aufschlugen. Die Schleifer,
namentlich die sogenannten ,Kugler‘, veriiessen ihre mühevollere und weniger loh
nende seitherige Beschäftigung und wandten sich in hellen Haufen dem leichteren
und besser bezahlten Mattschleifen oder der einfachen Malerei zu, so dass endlich an
besseren Schleifern selbst nicht nur ein empfindlicher Mangel entstand, sondern auch
die Anforderungen der bei ihrer alten Beschäftigung Verbliebenen sich bedenklich
steigerten. Es ist wohl anzunehmen, dass auch hierin die nächste Zeit wieder einen
Rückschlag bringen wird, doch konnten noch zur Ausstellungszeit die einlaufenden
Aufträge auf derlei leicht dekorirte Waaren kaum befriedigt werden.
Auch die Erzeugung der nächst feineren Sorte, die, wie im Allgemeinen die farbige
Glaswaare, auf der Leipziger Messe oder direct nach England und Amerika viel verkauft
wird, hat einerseits durch den Einfluss der bereits seit 1857 bestehenden, wohl gelei
teten Fachschule zu Steinschönau, anderseits auch in Folge der höheren Anforderun
gen der Consumenten selbst und der gesteigerten Concurrenz nicht allein hinsichtlich
der Qualität, sondern wie nicht minder auch der Quantität einen erfreulichen Auf
schwung genommen.
Mit Befriedigung war an den sehrfleissig ausgeführten Malereien und Vergoldungen
theilweise schon die Anwendung des stylistischen Ornamentes zu sehen und das zu
Grelle in den Verzierungen schien nicht mehr den vorherrschenden Character dieser
Waare zu bilden (Namentlich sind in dieser Beziehung Grohmann und Comp, dann
Anton Pelikan, besonders aber A. Hegenbarth’s Erben, sämmtliche in Haida, ferner
J. Ahne in Steinschönau hervorzuheben. Mayer und Hertle in Haida brachten allerlei in
Bronce und Holz gefasste Glaswaaren, die vorwiegend durch die Billigkeit sich
Anerkennung verschafften).
Dass bei Anfertigung dieser Luxuswaare vor Allem dem Begehren der Käufer, der
Geschmacksrichtung der Consumenten Rechnung getragen wird und auch getragen
werden muss, steht ausser Frage; man konnte somit vollends nicht erwarten und noch
wenigerfordern, dass dieser Industriezweig schon durchweg den gesteigerten Anfor
derungen jenes feineren Geschmackes entspricht, welcher zwar sich mehr und mehr
Bahn zu brechen beginnt, aber noch lange nicht so alleinherrschend auftreten wird, um
es gerathen scheinen zu lassen, die jetzige, wenn auch streng genommen nicht zu
lobende Richtung völlig zu verändern.
Die deutliche Wahrnehmung, dass man in den betreffenden Fachkreisen der entschie
denen Wandlung, die sich allmälig vollzieht, das Auge nicht verschliesst und der wich
tige Umstand, dass von Seite des Österr. Museums durch Ausstellung mustergiltiger
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