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Volltext: Orientalisierende Gläser

sich auf die Jahre 1868 -1871,1873 -1878 und 1887 -1899. Im April 1899 trat er in den 
Ruhestand (diese Daten verdanke ich der Hochschulefürangewandte Kunst, Wien). Er 
war - über die ihn „Kunst und Kunsthandwerk“ gegebenen Informationen hinaus - 
Mitglied der „Realschul Prüf. Cmsn. f. Ornamentiker u. Ornamentzeichner“ (Lehmann 
1873). 
Wie bereits erwähnt, führte er nach Teirichs Tod (1876) die „Blätter für Kunstgewerbe“ 
weiter; so intensiv er einige Zeit mit Lobmeyr zusammengearbeitet hatte, so einschnei 
dend mußte eine Mißstimmung zwischen den beiden Männern gewesen sein. Dies 
hatte Folgen: ab den späten siebziger Jahren finden wir kaum noch Lobmeyr-Gläserin 
den „Blättern für Kunstgewerbe“ abgebildet, zumindest nicht in jener Häufigkeit wie 
früher. Und Ludwig Lobmeyr selbst schreibt im Hinblickauf die Pariser weltausstellung 
1878: „Für Hansen hatte ich keine geeignete Aufgabe, mit Storck war ich leider nicht auf 
gutem Fuße...“ (Autobiographie Lobmeyr, S. 223-224). 
Zahlreiche Dekormotive, die Storck bei seinen Entwürfen für Lobmeyr verwendet 
hatte, gehen direkt auf den „indischen Stil“ zurück. Dieser hatte schon ab der Londoner 
Weltausstellung 1851 eine besondere Faszination ausgeübt. Eine Einschätzung der 
orientalischen Kunst, insbesondere des „indo-persischen Stils“, ist uns von Gott 
fried Semper aus dem Jahre 1852 überliefert: 
Der Gang, den unsere Industrie und mit ihr die gesammte Kunst unaufhaltsam ver 
folgt, ist deutlich: Alles ist auf den Markt berechnet und zugeschnitten. 
Eine Marktwaare muss nun aber möglichst allgemeine Anwendung gestatten und 
darf keine anderen Beziehungen ausdrücken, als solche, die der Zweck und der Stoff 
des Gegenstandes gestattet. Der Ort ist nicht gegeben, für welchen er bestimmt ist, so 
wenig wie die Eigenschaften der Person bekannt sind, deren Eigenthümer er sein wird. 
Charakteristik und locale Färbung (im weiteren Sinne des Wortes) darf er also nicht 
besitzen, aber er muß die Eigenschaft haben, sich jeder Umgebung harmonisch 
anschliessen zu können. 
Diesen Bedingungen entsprechen offenbar die Erzeugnisse orientalischer Industrie 
vollständig, und um so besser, je weniger Beimischung von Bruchstücken zertrümmer 
ter eigener oder fremder höherer Kunstzustände sie haben. Sie sind auf einem Bazar 
am meisten auf ihrem Platze, und es ist nichts, was sie mehr bezeichnet, als jenes vor 
hin angedeutete bequeme Anpassen an alle Umgebungen. Die persischen Teppiche 
passen in eine Kirche so gut wie in ein Boudoir, die Elfenbeinkästchen aus Indien mit 
den eingelegten Mosaikmustern, sind Weihrauchkästchen oder Cigarrenetuis oder 
Nähkästchen, nach Belieben der Eigenthümer (hier eine Anmerkung Sempers, die auf 
derselben Seite abgedruckt ist: Die in London exhibirten indischen Producte trugen 
übrigens dreierlei ganz verschiedene Gepräge. Man sah die alte barocke Hindukunst, 
repräsentirt in einigen Sandelholzkästchen, dann war die indo-persische Kunst zu fin 
den, und zuletzt noch die indo-brittische, mit reichen Renaissancemotiven, die halb 
wieder in das Byzantinische übergingen. Nur der indo-persische Styl ist wunderbar 
schön. Er giebt alt-italische und griechische Motive in den Totaleindrücken, wie in den 
Einzelnheiten, täuschend wieder, so dass ich vergebens nach einem Schlüssel für 
dieses Räthsel suchte). Es ist nicht daran zu zweifeln, dass der Einfluss dieser Waaren, 
die mit Recht eine so allgemeine Bewunderung erregten, sich bei unseren nächstkünf 
tigen Kunstmanufacturproducten zeigen wird, als eine der ersten Wirkungen der Lon 
doner Industrieausstellung. 
Aber so sehr diese Leistungen der Asiaten mit sich selbst fertig sind und in technisch 
ästhetischer Schönheit, im Style, den Gegensatz zu der modernen europäischen Prin- 
cipienlosigkeit bilden, eben so sehr vermissen wir an ihnen den individuellen Aus 
druck, die Sprache, die phonetische höhere Schöne, die Seele. Dieser Ausdruck aber, 
wenn schon verhindert, sich bei einem für den Markt bestimmten Gegenstände zu 
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