tete, wie die Stuttgarter ,Gewerbehalle‘, die Münchener .Kunstgewerbliche Zeitung',
die ,L’Art pour tous', die illustrierten Brockhaus’schen Weltausstellungskataloge oder
andere, mit Zeichnungen versehene Special-Publicationen - man half sich in der Regel
in einer nicht sehr glücklichen Art. Denn auch das Uebertragen oder Bearbeiten einer
schon vorhandenen Zeichnung setzt ein gewisses künstlerisches Verständniss vor
aus. In dieser Benützung von artistischen Publicationen kam den Bedürfnissen jener
Industriellen, denen es entweder an Geld oder gutem Willen fehlt, kunstgebildete
Zeichner in Anspruch zu nehmen, die ungenügende Musterschutz-Gesetzgebung zu
Statten; sie konnten weidlich plündern, wo sie etwas Gutes fanden, ohne in Gefahr zu
gerathen, wegen dieses geistigen Diebstahls mit den Gerichten in unangenehme
Berührung zu kommen.
Bei dieser Art von Gebahrung wurde die gesammte Industrie in einer steigenden Pro
gression von Frankreich abhängig; dort gab es unter dem Schutze einerguten Gesetz
gebung bereits geschulte Zeichner und Ateliers für Musterzeichnungen; auch der arti
stisch-literarische Markt wird von Frankreich aus viel mehr mit brauchbareren Publica
tionen versehen, als es von England, Italien und Deutschland aus geschieht. Viele der
intelligenteren Grossindustriellen waren förmlich genöthigt, in Paris selbst Zeichnerfür
ihre Zwecke zu beschäftigen, wie die Shawl-und Spitzenfabrikanten etc. Auch die sog.
Musterlager wirken in dieser Beziehung häufig eher schädlich als nützlich, insbeson
dere dann, wenn den Leitern die Einsicht in die Bedingungen eines kunstgewerblichen
Betriebes abgeht. Sie leiten häufig mehr an, Fremdes geschickt oder ungeschickt zu
benützen, als selbständig zu denken und zu schaffen. Und für ein grosses Publicum ist
es ja doch am Ende nur darum zu thun, dass Etwas eine französische, oder englische
oder überhaupt fremdländische Facon habe, - der Verkäufer war dann seines Erfolges
sicher. Da nun leider auch einTheil des vornehmen Publicumszudem p.t. Grossen zu
rechnen ist, so kam auf dem deutschen und dem österreichischen Markte der Indu
strielle, der mit eigenem geistigen Capitale arbeitet, häufig in Nachtheil gegen jenen,
der fremde Gedanken, sei es direct oder durch den Weg der Musterlager, geschickt
annexirt.
Am allerwenigsten aber ist der Kunstindustrie mit Künstlern gedient, die, weil sie auf
dem Gebiete der eigentlichen Kunst kein Fortkommen finden, sich auf die Kunstgewer
be werfen. Abgesehen davon, dass sie das künstlerische Unvermögen in diese Art
industrielle Production übertragen, fehlt es denselben vor Allem an der nöthigen Vorbil
dung und die entsprechende Einsicht in die technischen und commerciellen Bedin
gungen der industriellen Production.
In Oesterreich speciell ist eine Wendung zum Besseren eingetreten; einer der hervor
ragendsten Erfolge der kunstgewerblichen Ausstellung des Museums ist es aber, dass
auf derselben diese Wendung in unzweifelhafter Weise constatirt wurde.
Eine Reihe von Musterzeichnern treten auf derselben auf; eine grosse Anzahl von Indu
striellen nennen die Künstler und Zeichner, welche sie benützt haben. Den Einfluss und
die specielle Bedeutung derselben für einzelne Fabricationszweige den Fachreferen
ten überlassend, führen wir nur dasjenige auf, was für das Auftreten der Musterzeich
ner, als solcher, vom allgemein ästhetischen oder statistischen Gesichtspunkte von
Wichtigkeit ist.
Einige unserer Industriellen, wie die Herren A. Lobmeyr, Schmidt & Sugg, Ludwig,
Jauner u.a.m. zeichnen selbst, oder sind, wie die HH. Schönthaler und Kitschelt, in
Kunstschulen gebildet. Mehrere unserer hervorragendsten Architekten, H.v. Ferstel,
R. v. Hansen, Fr. Schmidt, Riewel u.s.f. stehen mit den Kunstindustriellen in enger Ver
bindung, - am meisten und auf den verschiedensten Gebieten der Kunstgewerbe der
Architekt Storck, Professor an der Kunstgewerbeschule des Museums. Dass der ge
samte Lehrkörper der Kunstgewerbeschule, die Herren O. König, V. Teirich, A. Hauser,
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