harten nordischen Gothik, in welcher er bis dahin nahezu alle seine Kirchen und ande
ren Gebäude in Wien ausführte, einen hohen Krug, einen Deckelpokal, dazu eine Platte,
worauf ersterer zu stellen war, dann für alle drei Stücke einen Eichentisch und ließ
durch zwei seiner Schüler in seinem Atelier unter seiner steten Leitung die vollendeten
Zeichnungen dafür ausfertigen... Der Körper des Schmidt’schen Glaskruges bot
besondere technische Schwierigkeiten, aber die volle Hingebung, welche mein
Schwager Kralik auch an diese Aufgabe wendete und wofür ich ihm nicht genug dank
bar bleiben kann, überwand dieselben. Ich ließ aber vorsichtshalber doch einen zwei
ten solchen Körper, ganz fertig geschliffen, und noch einen dritten nur im Rohglase
anfertigen, welche im Rathause aufbewahrt sind, denn ich bin nicht überzeugt, daß
später nicht wieder ein Zurückgehen der Glasmacherkunst eintritt und falls das erste
Stück in Brüche gehen sollte, dann ein gleichwerthiger Ersatz wieder hergestellt
werden könnte. Der schlanke Pokal ist leichter nachzumachen. In der Platte sind nur
Glasstücke eingelegt, welche, wie Krug und Becher, gravirt sind. Die reich ornamentirte
und vergoldete Silberfassung hat neben Email-, auch Perlen- und Edelsteinschmuck;
sie wurde mit vielem Verständnis von einem bescheidenen Arbeiter, Franz Wodwarzka’
ausgeführt, der aber leider erst 1874 damit fertig wurde, so daß dies alles nicht mehr auf
die 1873iger Ausstellung gelangte.
Für das Kaiserservice entwarf ich, im vollen Einvernehmen mit Professor Storck, die
Formen der Krüge, Flaschen und Gläser; er zeichnete dazu, ich muß sagen mit andäch
tiger Zurückhaltung, die Vorlagen für die Gravirung, ganz im Stile, wie sie auf den fein
sten der alten Bergkrystallgefäße Vorkommen, so zierlich, so zart, so maßvoll, daß sich
in dieser Beschränkung des Künstlers stets bewährter feiner Geschmack wieder so
recht zeigte. Ferner fertigte er die Entwürfe für ein Mittelstück, nämlich eine ovale
Blumenschale, solche für Frucht-, Dessert- und Kornpotaufsätze, wie andere für zu
einem mit ähnlichem Aufwand herzustellenden Service gehörige Gegenstände an. Die
zierlichen Fassungen derselben, welche aus vergoldetem, mit durchsichtigem und
opakem Email verziertem Silber ebenfalls nach Storck’s Zeichnungen auszuführen
waren, wurden dem Silberarbeiter Ratzersdorfer zugewiesen, welcher in dieser
Technik zumeist bewandert war. Die große Sorgfalt, welche allerseits an die verschie
denen Arbeiten gewendet wurde, lieferte auch ein so vorzügliches Ergebnis, daß
dieses Service, welches gegenwärtig in zwei eigens dafür angefertigten Glas
schränken in dem Saale steht, in welchem Sr. Majestät die fremden Botschafter
empfängt, vielleicht für alle Zeiten ein Zeichen der Leistungsfähigkeit unserer gegen
wärtigen Kunstindustrie bleiben wird, um so mehr als wohl kaum wiederfür ein solches
ein so hoher Betrag zur Verfügung gestellt werden wird, von dem freilich weitaus der
Löwenantheil auf die Silberfassung entfiel. Es war eben ein kaiserlicher Auftrag! Profes
sor Storck lieferte mir auch manche Entwürfe für Lüster, Kandelaber, Spiegel mit
geschliffenen und gravirtan Glasrahmen, welche Gegenstände alle dann wahre
Zierden meiner Abtheilung bildeten. Professor Eisenmenger malte auf vier Spiegel
anmuthige Amoretten nach Art der Malereien, wie sich solche im Palaste in Florenz
befinden; Alles aufzuzählen, was die übrigen genannten und noch andere Künstler bei
trugen, würde wohl zu weit führen. Bedenkt man, daß der Zahl nach das, was ich selber
schuf, weitaus überwog, so dürfte dies wohl die Annahme begründen, daß meine Aus
stellung jene Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit auch wirklich erhielt, welche ich ange
strebt hatte...“ (Autobiographie Lobmeyr, S. 135-140).
Die umfangreiche Teilnahme Lobmeyrs an der Wiener Weltausstellung ist auch im
„Amtlichen Catalog“ (Kat. Wien 1873, Österreich, S. 301-302) dokumentiert:
„Nr. 308. Lobmeyr J. & L, k.k. Hof-Glaswaarenhändler und Glasraffineurs, Wien, I.,
Kärntnerstrasse 13. Trink- und Dessert-Service, ausgeführt für Se. M. den Kaiser Franz
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