ORIENTALISIERENDE GLÄSER VON LOBMEYR
Aufgrund der Glasmasse können wir Gläser aus
1. farblosem Kristallglas
2. transparentem Farbenglas
3. halbopakem Glas
4. opakem Glas
unterscheiden. Für die Zuordnung zur Art der „orientalisierenden Gläser“ sind Dekor
und Farbigkeit bestimmend; die Form selbst kann, muß aber nicht von orientalischen
Vorbildern abgeleitet sein. Die bei den Gläsern angewendeten Dekortechniken umfas
sen Schnitt (meist mit Gold bzw. Aluminium) und Bemalung (vor allem mit dick auf
getragenen Emailfarben, aber auch Umriß- und Detailzeichnung aus dünnen farbigen
Linien) sowie Gold, das sowohl hochglänzend als auch matt eingesetzt werden kann.
DATIERUNG
In Zusammenarbeit mit der Firma Meyr’s Neffe stellte Lobmeyr über mehrere Jahr
zehnte Gläser „im orientalischen Stil“ her: die ältesten Zeichnungen dieser Art sind für
1871/72, die jüngsten für 1896/97 nachweisbar; noch auf der Pariser Weltausstellung
1900 soll Lobmeyr orientalisierende Gläser gezeigt haben (Schmidt 1925, S. 60:
„Nach dem Tode von Franz Schmoranz hat auch dessen Bruder Gustav... eine Reihe
von Gefäßen entworfen, die sich enger als die bisherigen Serien an die altorien
talischen Originale anschlossen und zum ersten Male auf der Pariser Weltausstellung
1900 gezeigt wurden“). Wie wir manchen Notizen auf Entwürfen des 19. Jahrhunderts
entnehmen, wurden orientalisierende Gläser Lobmeyrs noch im 1. Viertel des 20. Jahr
hunderts hergestellt.
Im vorliegenden Band sind die Entwürfe von Salb, Storck und Teirich aus der Zeit von
1872/73 enthalten; über diese Zeit geht nur die Gruppe aquamarinblauer Gläser hin
aus, die ab 1873 entstand und bis etwa 1880 komplettiert wurde (die „persischen“
Gläser Girard & Rehlenders sollen später veröffentlicht werden). Auf die genannten
Künstler wird ausführlich im jeweiligen Textabschnitt - vor den Abbildungen ihrer
Zeichnungen bzw. Gläser - eingegangen.
Die orientalisierenden Gläser auf der Wiener Weltausstellung, damit 1873 bzw. knapp
vorher datierbar, sind in einem eigenen kleinen - wohl sehr seltenen - „Catalog der
Ausstellungen von J. & L. Lobmeyr, k. k. Flof-Glaswaren-Lieferanten und Glasraffineure
in Wien und von Wilhelm Kralik, Glasfabrikant in Adolf bei Winterberg in Böhmen,
Firma: Meyr’s Neffe, in Verbindung mit J. & L. Lobmeyr“ (Wien 1873), angeführt, wenn
auch nicht detailliert beschrieben: ein „Dessert-Service, dunkelgrün, mit reichen indi
schen Ornamenten in Gold und Email, nach Professor J. Storck’s Entwürfen“ (Kat. Lob-
meyr1873, S. 18), „Blumen-Vasen, Flacons etc. in opakem Glase (Beinglas) mit reichen
indischen und Renaissance-Ornamenten, nach Zeichnungen des Professors Valentin
Teirich“ (Kat. Lobmeyr 1873, S. 21), „Vasen, transparent, hellblau mit bunten, reichen,
maurischen Ornamenten“ (Kat. Lobmeyr 1873, S. 22), „Vasen in opakem Graublau
(Victoriablau) mit weissen Ornamenten in maurischem Style, nach Zeichnungen der
Architekten Girard & Rehländer“ (Kat. Lobmeyr1873, S. 22), „Blumen-Vasen in opakem
Glase (Beinglas, Celeste, Idablau, Victoriablau, Royalblau, Seladon) oder in durchsich
tigem Farbenglase (rosa, grün, blau etc.) mit Renaissance-, persischen, maurischen
etc. Ornamenten oder mit Blumenmalerei, nach Zeichnungen der Architekten Girard &
Rehländer und Lobmeyr’s Entwürfen“ (Kat. Lobmeyr 1873, S. 23).
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