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Volltext: Orientalisierende Gläser

VORBILDER 
Die Entwürfe für die orientalisierenden Gläser Lobmeyrs entstanden auf unterschied 
liche Weise; sehr schwierig ist es, der Entstehung der Form nachzugehen. Vermutlich 
wurden viele Formentwürfe von Ludwig Lobmeyr selbst geschaffen. Die Dekorent 
würfe, für die wir die Künstler nennen können, dürften von der direkten Kopie eines 
Motivs bis zur freien Paraphase alle möglichen Zwischenstufen beinhalten. Die Anre 
gung zu einer bestimmten Glasserie gab meist Ludwig Lobmeyr selbst. Durch seinen 
unmittelbaren Kontakt mit Rudolf von Eitelberger war es ein leichtes für ihn, im Österrei 
chischen Museum für Kunst und Industrie die geeignetsten Vorbilderzu finden. „Hier 
hat oft ein einziges altes Glas, oft nur eine Zeichnung im österreichischen Museum die 
Idee gegeben und wie es dem Grossindustriellen geziemt, ist sofort ein ganzes Genre 
mit hunderten von Gegenständen daraus entstanden.“ (Falke 1873, S. 227). Daß diese 
Worte Falkes zutreffen, beweist etwa eine „arabische Serie“ (Abb. 23, S. 62) deren 
beiden Hauptmotive (ein Baum- bzw. ein Vasenmotiv) auf ein Blatt aus Prisse d’Aven- 
nes Werk „L’Art arabe“ zurückzuführen sind. Daraus entstand tatsächlich eine ganze 
Gläserserie, die in einem der nächsten Bände über die orientalisierenden Gläser Lob 
meyrs dokumentiert werden soll. Ähnliches gilt für die sogenannte „Alhambra“-Serie 
(Abb. 26,27, S. 68,69), deren Anregung einzig und allein in dem Tierpaar auf der be 
rühmten Alhambra-Vase aus Granada bestand. Ob hier das Original oder eine Abbil 
dung ausschlaggebend war, ist schwer zu sagen. 
Die spanisch-maurischen Lüsterfayencen wurden bestimmend für die Entstehung der 
„spanisch-maurischen“ Serie (Abb. 30,31, S. 76,77); die damals so genannten „per- 
sisch-rhodischen Fayencen“ (heute als Iznik-Keramiken geläufig) waren Ausgangs 
punkt für eine „persische“ Serie (Abb. 28,29,32, S. 72,73,80). Gerade bei den beiden 
letztgenannten Gruppen dürften gedruckte Vorbilder herangezogen worden sein (aus 
der „Gewerbehalle“, L’Art pour tous“, den „Blättern für Kunstgewerbe“ u.a.) - in 
manchen Fällen ist der Beweis dafür leicht anzutreten, da sich neben den Entwürfen 
sogar noch diese Einzelblätter aus Zeitschriften im Firmenarchiv Lobmeyr erhalten 
haben. 
Eine „indische“ Serie (Abb. 25 links, S. 65) läßt sich von den im Österreichischen 
Museum teilweise noch befindlichen „Bidri-“Arbeiten ableiten u.s.w. 
Die nahezu unüberschaubare Vielfalt „arabischer“ Gläser (Abb. 9-18, S. 33,36,37,40, 
41, 44,45,48, 50, 51) auf ihre Herkunft von einem ganz bestimmten Vorbild zu untersu 
chen, wird ebenfalls Aufgabe einer späteren Publikation sein. 
Für den vorliegenden Band konnten etliche Vorlagen aus dem persischen und indi 
schen Bereich gefunden werden. 
Maßgeblich war hier ganz offensichtlich das Werk „L’Ornement polychrome“ von Raci- 
net, das in Lieferungen ab 1869 erschien und sofort „verarbeitet“ wurde. 
Beim Versuch, ein Vorbild als solches zu identifizieren, müssen wir jedoch ganz beson 
ders vorsichtig sein. Immer wieder finden wir in den verschiedensten Veröffentlichun 
gen denselben Gegenstand bzw. dieselben Ornamente wieder: manche Motive sind 
z. B. sowohl bei Racinet als auch bei Prisse d’Avennes abgebildet, ein indischer Huka- 
Stand taucht in mehreren Publikationen fast gleichzeitig auf, und vor allem dürfen wir 
nicht übersehen, daß manche Künstler damals schon Weltreisende waren (solche 
Reisen, vor allem nach Ägypten, sind für Johann Machytka und Franz Schmoranz 
belegt), sodaß die eigene Anschauung etliche Entwürfe wesentlich mitbestimmt haben 
kann. 
Julius Reich unterstreicht die selbständige Verwertung von Vorbildern durch Lobmeyr: 
„Die Motive, die Lobmeyr zur Anwendung brachte, umfassen wohl das ganze Gebiet 
des Ornaments. Ob er dieselben nun aus der Bauernmajolica, rhodischen oder persi- 
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