In einem Beitrag über „Die Kunstanwendung des Glases“ hatte sich Jacob Falke
bereits 1867 mit der Emailmalerei auf Glas befaßt: man (hat) in Deutschland seit
dem 16. Jahrhundert versucht, die Gläser, insbesondere die Trinkgefäße mit figürlicher
und ornamentaler Malerei auf der Oberfläche zu verzieren. Diese Art der Ornamenta-
tion begegnet aber zwei Uebelständen, Einmal ist sie einigermaßen unsolide, denn bei
häufigem Gebrauch reiben sich die Farben leicht ab, selbst wenn sie eingebrannte
Emailfarben sind, weil sie mehr oder weniger erhaben auf der Oberfläche aufliegen.
Das ist auch mit der Vergoldung der Fall. Je feiner, zierlicher und ausgeführter die Male
rei, um so leichter reibt und blättert sie sich von der glatten Oberfläche des Glases ab.
Der zweite Mißstand ist der, daß die Malerei sich auf transparentem oder durchsichti
gem Grunde befindet, folglich von demselben künstlerisch sich nicht loslöst und aus
gewöhnlicher Entfernung nur undeutlich und verwirrt erscheint, weil da alle umgeben
den Gegenstände gewissermaßen mitspielen. Die moderne Glasfabrikation hat dem
theilweise abzuhelfen gesucht (vielleicht mehraus Instinct und Imitationssucht, als aus
bewußter Absicht), indem sie das Glas undurchsichtig, milchweiß und porzellanartig
machte und darauf die Malerei anbrachte; aber damit beraubt sie sich ihrer beson
deren Eigenthümlichkeit, eben der Transparenz, und indem sie einen fremden Stoff
nachahmt, verfällt sie zugleich noch in einen anderen Fehler.
Solche mit Emailfarben bemalten Glasgefäße hatten schon die Muhammedaner des
Orients in den Zeiten der Kreuzzüge, und selbst mit figürlichen Darstellungen, wie man
aus einem Paar der höchstseltenen Beispiele, das sich aus dem Schatz von St. Ste
phan im österreichischen Museum befindet, ersehen kann. Aber ihre Art hat etwas
Unvollkommenes, indem die Emailfarben, welche die Gewänder oder einzelne größere
Partien des Ornaments bilden, dick aufliegen, Gesichter und Hände aber nur leicht und
zart contourirt sind, so daß nicht nur der künstlerische Eindruck, sondern auch der
Zustand der Erhaltung ein ungleicher ist. Nichtsdestoweniger ist die Arbeit für ihren
Stoff, wenn man sie mit den gleichartigen bemalten europäischen Glasgefäßen
vergleicht, eine äußerst solide, was noch besonders für die reiche, damit verbundene
Goldornamentirung gilt“ (Falke 1867, S. 49).
Valentin Teirich gab zur Weltausstellung 1873 einen guten Überblick über die farbige
Dekoration von Glas: „Alle genannten Anwendungen der Farbe zum Schmuck mono
chromer Gläser bilden den Uebergang zur polychromen Decoration derselben, zu den
bemalten opaken Gläsern. Es ist unläugbar, dass durch die volle Bemalung des Glases
eben der Charakter des Glases verloren und in den des Porcellans oder der Fayence
übergeht. Man kann trotz alledem aber eine solche Bemalung nicht als stylwidrig er
klären, denn sie läuft den Eigenschaften des Materials nicht entgegen und hat wohl da
rum schon volle Berechtigung, weil Behandlung und Farbe gewisse Eigenthümlich-
keiten auf dem Glase zeigen, die sie mit den auf Thongrund aufgetragenen keineswegs
gemein haben. Viele Farben erscheinen am Glas leuchtender, sind pastoser aufzu
tragen und wirken durch die grosse Glätte und Dichte des Untergrundes in feinerer
Weise.
Eine Erfahrung der Praxis darf hiebei nicht übersehen werdende einfacher das Orna
ment, in je kleinere Theile es zerlegt wird, desto besser ist seine Wirkung. Mit einem
gleichförmigen gestreuten Blumen- oder Schuppenornament leistet der Maler stets
mehr als mit den complicirtesten Zeichnungen. Der Grund hiefürist in der stets sphäri
schen Gestalt des Gefässes zu suchen, welche die Formen verkürzt, bei dem kleinen
Dessin Abwechslung bringt, beim grossen aber das Muster zerreisst und unverständ
lich macht. Und darum ist auch hier das orientalische Princip der Flächendecoration
das richtige. Renaissance-Ornamente, und mögen sie noch so schön erdacht sein,
wirken ungünstig, soferne sie ein continuirliches Rankenwerk darzustellen haben. In
richtiger Würdigung des Gesagten geschah durch gute Majolika-Maler des 16. Jahr-
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