hunderts die bekannte Zerlegung der grotesken Decoration in viele kleine Figürchen
und Ranken, deren Grösse eben der des auszuschmückenden Gefässes so angepasst
sein muss, dass der von einem zusammengehörigen Complexe der Composition be
deckte Raum als ebene Fläche angesehen werden kann, auf der keine Verkürzung
mehr stattfindet.
Uebrigens tritt bei jeder Drehung des Gefässes schon eine Scorzirung ein, die nur dann
der Decoration keinen Eintrag thut, wenn sie, wie etwa bei Lobmeyr’s Gefässen, mit
indischen oder persischen Blumen kräftig in Farbe geziert sind. Sehr gewinnen die
Formen, wenn sie nach Art des Cloisonne-Emails mit Goldrändern umzogen werden,
welche die grossen Flächen gleichzeitig zu untertheilen haben. Es ist dies der Weg, mit
verhältnismässig einfachen Mitteln und ohne hervorragend künstlerische Kräfte seine
gute Wirkung zu erzielen.
Feiner in jeder Hinsicht sind die Effecte, wenn Figuren und Ornament polychrom mit
Angabe aller Schattentöne gemalt sind, wie dies Lobmeyr durch Sturm und Eisen
menger ausführen liess, und doch ist die erzielte Wirkung einer so behandelten Vase
als Zimmerschmuck eine meist ganz unbefriedigende im Totaleindrucke. Als beson
ders fleissig gearbeitet können hier die Malereien auf den Gläsern Hoffmann’s (Prag)
bezeichnet werden. Bei diesem sowie auch bei Lobmeyr waren zudem Imitationen
pompejanischer und etruskischer Gefässe zu sehen, die vielleicht im ersten Augen
blicke als nicht gerechtfertigt erscheinen möchten. Bedenkt man jedoch, wie diese Zu
sammenstellung von Gelb und Roth geradezu schon typisch geworden ist, wie sie auf
Tapeten und Möbelstoffe übertragen wurde und sich eben stets als eine glückliche
Combination erwiesen hat, so kann man sich ein Gleiches auf Glas schliesslich auch
gefallen lassen. Weniger Zusagen werden trotzdem Hegenbarth’s pompejanische
Figuren auf weissem Fond. Alle diese Ausführungen und Zusammenstellungen, denen
doch noch etwas Styl anklebt, sind aber doch lange nicht so verwerflich wie die grosse
Menge naturalistisch bemalter Gläser, die Böhmens grosse Industrie gewohnterWeise
auf den continentalen und überseeischen Markt wirft.
Diese arbeitet unbekümmert fort nach altem Brauch und schlechter Gewohnheit, sie
bezieht allenfalls die Photographien schöner Mädchenköpfe, pinselt solche in Medail
lonform auf ihren Vasen so gut als leicht thunlich aus und umrahmt das so gewonnene
Miniaturbild mit dem herkömmlichen banalen Goldornamente. Und immer findet sich
für solche Fabricate im grossen Publicum ein sehr grosser Markt, denn trotz aller aufge
wandten Mühe sind derlei Erzeugnisse noch immer billiger zu haben als auch nur das
einfachste Gefäss mit stylischer Ornamentirung. Viele dieser Arbeiten zeigen an und
für sich oft eine hohe technische Vollkommenheit der Ausführung, so jene, die Ahne
(Steinschönau) ausstellte und die gar sehr von den rohen Lampen von Pelikan (Stein
schönau) oder den, mit ziemlich schwachem Alhambra-Ornament gezierten Fabrica-
ten von Krause abstechen, für welche die Angabe, sie seien für den Export gearbeitet
doch kaum als triftiger Entschuldigungsgrund gelten kann ...
Wenig aber Vorzügliches sandte Russland ein. Hier kömmt nun freilich nur die kaiser
liche Manufactur in Betracht, diese aber excellirte durch ihre durchsichtigen, gefärbten
Gläser mit opaker Email-Malerei, darunter ein Theeservice mit nationalem,’geometri
schem Ornamente auf dunkelblauem durchsichtigen Grunde gelb, roth und grün mit
Gold umrahmt. Die rechtwinklig abgestuften Ausgänge des Ornamentes Hessen ver-
muthen, dasselbe sei etwa Mustern der Straminstickerei entnommen, jedenfalls war
es charakteristisch und harmonisch in der Farbe, wenn auch hier natürlich das natio
nale Juchtenparfum merklich wurde. Andere grüne Gläser trugen gemaltes Renais
sance-Ornament, wieder andere blau-opake ein weisses maurisches Ornament. Von
schlechter Wirkung dagegen war eine Serie bläulicher Gläser mit Ketten- und Anker
ornament weiss bemalt, ebenso missglückten die grossen geschliffenen Glasvasen
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