Das blau überfangene, geschliffene Glas dominiert nicht nur bei dem 1909 datierten Ent
wurf Josef Hoffmanns (Kat. Nr. 187), sondern auch bei jenen Gläsern aus dem Bereich
der Wiener Werkstätte, die zum größten Teil von Otto Prutscher stammten und deren
Veredlung manchmals als „Linienschliff“ bezeichnet wurde (Kat. Nrn. 188-196). Als aus
führende Firma dürfte auch hier wieder vor allem Meyr’s Neffe/Adolf in Frage kommen.
Verwandt scheint dieser Schliffart die Technik einer Jardiniere von Artel/Prag, da auch
hier der Überfang in verschieden breiten vertikalen Streifen stehenblieb (Kat. Nr. 197).
Ausgeschliffene Kreisflächen und Ovale dominieren hingegen die Entwürfe von Margold
(Kat. Nrn. 198, 199) und die Gläser der Firma Mühlhaus/Haida (Kat. Nrn. 200-202, 204),
die zum Deckelpokal der Haidaer Fachschule frappante Ähnlichkeit in der Strukturie
rung aufweisen (Kat. Nr. 203).
Über den Glasverleger Bakalowits kamen vier Gläser mit fast schwarzem Überfang (Kat.
Nrn. 205-210) in das Museum; nicht in der Farbe, aber in den Motiven des Schliffs ist
das Flakon (Kat. Nr. 211) vergleichbar, das ebenfalls über Bakalowits in die Sammlung
gelangte.
Als Urheber von einfach überfangenen Gläsern mit gewellter Wandung und den sich
daraus ergebenden Formen des vertikalen Schliffs wird einerseits die Wiener Werk
stätte, andererseits die Fachschule Haida angegeben. Ausgeführt wurden viele dieser
Gläser von Meitzer/Langenau (Kat. Nr. 212-215, 217); Pazaurek nennt in seiner 1925 er
schienenen Publikation für drei dort abgebildete Gläser (Kat. Nr. 218) die Fachschule
Haida als Entwerfer und Meitzer/Langenau als ausführende Firma. Eine Vase, die das
Museum von Meitzer (Kat. Nr. 219) erwarb, ist in der zeitgenössischen Literatur (Kat. Nr.
216) der Fachschule Haida zugeordnet.
Bereits beim Kristallglas ist uns die Form der siebenfach gebauchten Vase mit vertika
lem Schliff begegnet (Kat. Nr. 95); dieselbe Form mit blauem Überfang ist ihr hier ge
genübergestellt (Kat. Nr. 222). Von anderer Form, aber gleichem Prinzip des Schliffs
präsentiert sich die Vase (Kat. 223) von Artel, während der Schliff von Schalen (Kat. Nr.
220, 221) tiefe Dreieckmotive im Überfangglas entstehen läßt. Langgezogene rote
Dreiecksflächen bleiben auch beim Schliff des Bierservices von Artel (Kat. Nr. 224) ste
hen; die Entwürfe Rosipals für Artel hingegen sind charakterisiert durch ein rautenförmi
ges Motiv, das nach Glasform und -große variiert und wiederholt wird (Kat. Nr. 225-231).
Ein besonders exquisites Glas stellt eine kunstvoll geschliffene Vase der Fachschule
Haida dar (Kat. Nr. 232). Schliffgläser mit einfachem Überfang wurden häufig von Oertel/
Haida nach fremden Entwürfen ausgeführt: entweder nach Entwurf der Fachschule
Haida (Schale, Kat. Nr. 235; Aufsatz, 237) oder für die Wiener Werkstätte (Kat. Nrn. 241,
242) . Einfache Überfanggläser mit Schliff hatte auch Leopold Forstner in seinen Stocke
rauer Edelglaswerken im Programm (Kat. Nrn. 233-234).
Einen violetten Überfang wie beim Aufsatz (Kat. Nr. 237) weist auch ein Flakon der
Firma Goldberg (Kat. Nr. 238) auf; die grün überfangene Deckeldose (Kat. Nr. 240)
wurde ebenfalls von Goldberg ausgeführt.
MEHRFACHER FARBIGER ÜBERFANG BZW. UNTERFANG
(Kat. Nrn. 243-262, S. 261-282)
Als Sonderform der mehrschichtigen Gläser ist eine Vase mit rotem Unterfang, Kristall
kern und weißem Überfang, aus dem blattartige Motive geschliffen wurden (Kat. Nr.
243) , anzusehen.
Eine typische Farbkombination mit doppeltem Überfang und Ziersaumschliff ist das Rot-
Schwarz über dem Kernkristall, wie eine Vase (Kat. Nr. 246) nach Entwurf der Fach
schule Haida in der Ausführung von Oertei/Haida zeigt. Die ebenfalls rot-schwarz über-
20