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Abb. 9. Tafelarrangement ausder Ausstellung derWienerWerkstätte„DergedeckteTisch" (Herbst1906).-Öster
reichisches Museum für angewandte Kunst, Photo Archiv Wiener Werkstätte
einer deutschen und einer Wiener Gabel neuen Stils ist ein Unterschied, wie zwischen
Münchner und Wiener Küche. Es ist was anderes. Es gehört doch so viel Liebe dazu, und
Schick, und das gewisse Etwas. Unsere paar Leute in der ,W. W.‘ haben das, und die Deut
schen haben es schon richtig bemerkt. Beim seligen Grafen Edmund Zichy sah ich
seinerzeit zwei Schautische voll Messer und Gabeln, an die er kunstvolle altjapanische
Griffe hatte befestigen lassen. Herrlich; aber für ein Museum, nicht für den Speisetisch.
Das ist gerade so, wie die sogenannte ,kalte Küche' im Weimarer Park, wo alle Braten,
Pasteten, Salate, überhaupt tafelmöglichen Gegenstände in farbiger, glasierter Keramik
ausgeführt und hingeordnet stehen. Eine hübsche Spielerei der Rokokozeit, aber nicht
zum Essen. Mit Hoffmannschem Eßzeug kann man vor allem auch essen. Der Eßzeug-
putzervon Beruf mag allerdings stutzen, weil ihm dergleichen in seiner Praxis noch nicht
vorgekommen ist, aber wir sind ja keine Eßzeugputzer.
Und so ist an diesen gedeckten Tischen alles schmuck und schick und vernünftig fürver-
nünftige Menschen. Und die ,W. W.‘ könnte 60 Tische so decken, mit allerlei Variationen
dieser Elemente, die an sich zum Teil erstaunlich einfach sind, aber in derZusammenstel-
lung so hübsch wirken können. Wahrhaftig, sogar neue Gebäcksformen hat Moser ent
worfen und einen intelligenten Bäcker gefunden, der sie ihm für diese Tische bäckt. Die
Witzbolde werden natürlich bemängeln, daß in den viereckigen Weinkühlern nicht auch
viereckige Champagnerflaschen stehen und auf den quadratischen Obstständern keine
würfelförmigen Äpfel liegen. Hoffen wir, daß auch das noch kommen wird! Es ist viel Re
form in diesen Tischausstattungen. Wie reizvoll sind nur die Blumen verwendet. Und zwar
sowohl in ganz einfacher Weise, wie auf dem simplen Zweimenschentisch, wo Philemon
und Baucis speisen könnten, als auch auf der prächtigen Festtafel, wo der mittlere
Blumenständer mit einer ganzen Takelage von festlichen Gewinden prangt. Es ist eine
Hochzeitstafel, weiß in weiß, Silber und Linnen, mit Myrtengewinden und Myrtensträußen
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