chen und Gruppen haben aber auch noch gegenwärtig ihren Werth behalten, sie werden von
Kunstfreunden gesucht, sie können von Industriellen leicht verwerthet werden.
Der erste unter den österreichischen Industriellen, welche zuerst diese im Museum deponir-
ten Formen verwerthet haben, ist Herr De Cente aus Wiener-Neustadt. Es sind gegenwärtig
zwei Gruppen nach Grassi im Museum ausgestellt, welche nach den Formen der Porcellan-
fabrik von Herrn De Cente gearbeitet wurden und die an Präcision und Eleganz der Ausfüh
rung nichts zu wünschen übrig lassen. Damit aber auch das grössere Publicum in die Lage
versetzt wird, Abgüsse in Terracotta von diesen Formen zu erhalten, und auch deswegen, um
den Industriellen, welche dieselben benützen wollen, Gelegenheit zu geben, die Gruppen zu
erwerben und dieselben in ihrer Weise zu benützen, so wurde die Anstalt getroffen, dass von
allen im Museum befindlichen Formen ein Abguss in Terracotta gemacht und diese Abgüsse
verkauft werden können. Gegenwärtig sind an 50 Figürchen und Gruppen vollendet”.
Im Jahre 1869 stellte De Cente bereits mehrere dieser Terrakotten aus, die zum größten Teil
vom österreichischen Museum übernommen wurden: eine Statuette Kaiser Josefs II,
Niobiden, eine Bacchusgruppe, Daphne und Apollo und andere (Mittheilungen 11/1869,
S. 142):
,,lm Museum sind in den letzten Wochen einige sehr hübsch in Thon ausgeführt Arbeiten aus
dem Etablissement des Herrn De Cente in Wiener-Neustadt (eine Statuette Kaiser Josephs
II., die Gruppe der Niobiden, eine Bacchusgruppe, Daphne und Apollo u.a.m.) zur Ausstel
lung gelangt; es sind dies die ersten Abgüsse grösserer Objecte aus den Modellen, welche
das Museum bei der Auflassung der bestandenen k.k. Porzellanfabrik von derselben über
nommen hat und den österreichischen Industriellen zur freien Benützung überlässt.
Die Originale dieser Gegenstände sind von den besten österreichischen Bildhauern aus dem
Ende des vorigen und dem Anfänge des gegenwärtigen Jahrhunderts von A. Grassi, Schaller
und Hütter modellirt. Die Farbe des Thons so wie die technische Behandlung der ausgestell
ten Copien verdienen alles Lob”.
Aus einer späteren Nachricht wissen wir, daß De Cente die Direktoren der Wiener Porzellan
manufaktur gekannt hatte und diese ihn bewogen,,,nicht nur den Formenschatz derselben
zu erwerben, sondern auch einen Theil der Arbeiter in seine Fabrik aufzunehmen. Forcirt
wurde von de Cente die Fabrication der Alt-Wiener Modelle nicht, da dieser Zweig nicht in den
Rahmen eines Unternehmens passte, dessen Hauptproducte Zimmeröfen und feuerfeste
Producte sind. Doch wurden verschiedene Serien sämmtlicher Modelle in Terracotta ange
fertigt, deren eine im Besitz des Oesterreichischen Museums am Stubenring ist” (Central
blatt 1903, S. 962).
Eine Firmengeschichte der Fabrik Joseph de Centes, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in
Wiener Neustadt gegründet wurde, stellte verdienstvollerweise Ernst Katzer 1977 und 1978
in den „Blättern des Wiener Neustädter Denkmalschutzvereines” zusammen (Katzer
1977/78). Diesen Beiträgen entnehmen wir, daß de Cente ehemalige Mitarbeiter der Wiener
Porzellanmanufaktur einstellte: unter ihnen den Modelleur Joseph Schmeiser und den
Maler Riedl, die in der Porzellanfabrik ihre Ausbildung erhalten hatten. Die Bereicherung sei
ner Fabrik durch hochqualifizierte Fachleute hatte de Cente in die Lage versetzt, die Ton
warenfabrikation aufzunehmen und nun auch auf dem kunstgewerblichen Sektor als einem
neuen Teilgebiet seiner Erzeugung aktiv zu werden. Durch seine Bekanntschaft mit den
Direktoren der Wiener Porzellanfabrik konnte fast der gesamte Bestand an Modellen und
Formen von ihm erworben werden, unter denen sich auch Arbeiten namhafter Künstler des
ausgehenden 18. Jahrhunderts befanden. In den nun folgenden 25 Jahren wurde in Wiener
Neustadt durch Abgüsse nach den Originalformen sowie durch Neuausformungen die Tra
dition der Wiener Porzellanfabrik aus dem Gebiet der keramischen Plastik fortzusetzen ver
sucht. Infolge der beschränkten Absatzmöglichkeit und des Vorranges der hier bereits
etablierten Erzeugung blieb der Ausstoß dieser Produkte des Kunstgewerbes recht beschei
den und ließ keinen Vergleich zu mit dem der ehemaligen Wiener Porzellanfabrik” (Katzer
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