Inhalts handeln: auf dem Deckel einer Dose sehen wir zwei Bacchantinnen und einen Putto
mit einer Weinranke, auf dem anderen Deckel flankieren zwei Sitzende den stehenden
Bacchusknaben mit Thyrsusstab. Der zur Garnitur gehörende Becher trägt die bunte Miniatur
des „Amor als Sieger”. Selbstverständlich sind alle drei Szenen auf dem Wiener Porzellan in
Malerei ausgeführt.
Eine Henkelschale mit Untertasse, trotz reicher Vergoldung doch keinen kostbaren Eindruck
hervorrufend, ist mit einer dieser Szenen geschmückt. Das Abziehbild ist von mangelhafter
Qualität, Fehler der Glasur und des Brandes ergeben zusammen mit der schlecht ausgeführ
ten Goldrahmung und der umlaufenden Goldstempelung den Anschein wenig sorgfältiger
Arbeit. Bemerkenswert ist die seitenverkehrte Wiedergabe der figuralen Szene (Abb. 469).
Dieselbe Darstellung ist auf einem Kaffeeservice mehrfach zu finden (Abb. 471). Wieder er
geben sich in Form, Dekor und Ausführung kaum Berührungspunkte mit echtem Wiener
Porzellan, bestenfalls in der genannten dreifigurigen Darstellung. Die terrakottafarbene
Wandung trägt ausgespart achteckige Felder, die mit Abziehbildern bedeckt wurden. Das
Ornament des gestempelten Golddekors, die Vergoldung von Rändern und Goldlinien such
ten offenbar dem Geschmack des Publikums entgegenzukommen.
Eine bindenschildähnliche Marke wurde auf die Glasur gestempelt (Abb. 472), und ist
manchmal verwischt (Abb. 473), die eingepreßten Buchstaben M.B.M. und eingepreßte Zah
len verweisen auf eine noch unbekannte Porzellanfabrik. Die Ikonographie der figuralen
Szenen bewegt sich von der genannten bacchischen Szene über eine mythologisierende
Vierfigurengruppe bis zu einer romantischen Szene am Weiher mit Boot und Schwan. Die
selbe Vierfigurengruppe wie auf der Untertasse des Services (Abb. 471) kehrt, ebenfalls als
Abziehbild, auf einer Henkeltasse wieder (Abb. 470), deren kobaltblauer Fond mit gestempel
tem Gold und dem Goldstempel Karlovy-Vary (= Karlsbad) versehen ist. Außer dem ge
fälschten unterglasurblauen Bindenschild trägt die Unterseite keine Marken oder Signaturen,
hingegen ist das bunte Abziehbild der Vorderseite mit dem Schriftzug „Angelica Kauffmann”
versehen (Abb. 470). Auch die Untertassen des Services sind mit dem Schriftzug „Angelika
Kauffmann” bezeichnet.
Ein Teller (Abb. 474) mit zwei weiblichen allegorischen Figuren (Malerei und Poesie nach
Angelika Kauffmann) erweckte vorerst den Anschein einer Fälschung, so sehr widerspricht
der Großteil der Oberfläche jener echten Altwiener Porzellans. Bei genauer Untersuchung
stellte sich heraus, daß der Teller in einem Ausmaß restauriert worden war, das schon eine
Verfälschung darstellt: Ein durchgehender Sprung wurde zum Anlaß genommen, weite Flä
chen der Vorderseite zu retuschieren und auch die Originalglasur der Unterseite so weit zu
überdecken, daß nicht einmal mehr der authentische Bindenschild und die Jahresstempel
der Wiener Manufaktur gut zu sehen waren. Die Bezeichnung „Maleri und Poesie Original zu
Angelika Kauffmann” (Abb. 476) war außerdem so dilettantisch ausgeführt, daß Zweifel be
rechtigt schienen.
Teile der Fahne mit blauen und roten Feldern und das Reliefgold waren ebenfalls übermalt
worden. Daneben sind aber noch Flächen zu sehen, die vom „Restaurator” unberührt blie
ben und die ganze Qualität des Goldreliefdekors sowie der Malerei zeigen. Die folgende
genaue Untersuchung brachte sowohl den authentischen Bindenschild, den Jahresstempel
815 als auch Spuren der originalen Bemalung (Köpfe!) zutage (Abb. 475).
Als warnendes Beispiel dafür, welchen Schaden ein inkompetenter „Restaurator” anrichten
kann, sei dieser Fall besonders hervorgehoben: anstatt den zerbrochenen Teller zu kleben
und den nun kaum sichtbaren Sprung so zu belassen, wie er war, wurde eine so großflächige
Retusche angebracht, daß das echte Porzellan für eine Fälschung gehalten werden konnte.
Eine Verfälschung zum Schlechten ist in jedem Fall daraus geworden.
Auf zwei monumentalen Porzellanen, einer hohen Deckelvase (Abb. 480) und einem Wand
teller (Abb. 481) vermutlich derselben Provenienz, sind Wandung bzw. Spiegel mit der Szene
„Herkules am Scheidewege” nach Batoni dekoriert (Kat. Kauffmann 1969, S. 98, Nr. 116).
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