Reise nach Marienthal 1840
(Aloisia, Josef und Ludwig Lobmeyr)
1840 fuhr die Mutter mit Josef und mir, wir waren 12 und 11
Jahre alt, nach dieser Fabrik Marienthal, Es war an einem
Sonntag, als wir um 6 Uhr Morgens, vom Vater bis dahin be
gleitet, an der „schwarzen Lachen“ in's Dampfschiff stiegen.
Wir winkten heftig mit den Tüchern dem Vater zu, denn zum
erstenmale sollten wir ja für längere Zeit getrennt werden. Das
Schiff stieß ab, wendete, wir hörten ein Getöse vom Schleifen
über Geröll, es folgte ein Stoß - wir waren fest aufgefahren!
Kaum hatten wir den uns imponirenden majestätischen Lauf
eines Dampfbootes bemerkt, waren kaum 4Ö0 [einige hun
dert] Schritte vom Ufer weggekommen, höchstens zur Mitte
des Flusses gelangt, erkannten deutlich Alle am Gestade,
konnten aber infolge der Kommandorufe über das mit der Wie-
derflottmachung beschäftigte Schiffsvolk und des Geräu
sches, das die Arbeit verursachte, kein Wort hinüberrufen oder
herüberhören. Es wurden eine Art eisenbeschlagene Mast
bäume dicht am Hintertheil des Schiffes schief in den Sand
eingetrieben, oben Seile herumgewunden, an welchen die ge-
sammte Schiffsbemannung, später sogar immer mehr und
mehr Passagiere mit aller Gewalt zogen und sich stemmten.
Von Zeit zu Zeit hörte man einen Ruck, aber es verging die er
ste, die zweite, die dritte, ja es ging eben die vierte Stunde zu
Ende, als nach [noch] einem Ruck das Schiff wieder
schwamm. Viele der Begleiter, darunter auch der Vater, hatten
am Ufer ausgeharrt, also gab’s nochmals ein lebhaftes
Tücherschwenken, der Landungsplatz verschwand, Alles war
froh, daß die Pein vorbei war. Wir kamen erst um Mittag nach
Preßburg; hier wurde das ohnedem schon stark besetzte
Schiff übervoll, denn in ein paar Tagen war Beginn des großen
Pesther Marktes, zu dem viele Kaufleute, meist Juden [jüdi
sche], fuhren. Für uns war das Unangenehmste an der Sache,
daß man dem Vater ompfohlon [gerathen] hatte, uns nur
li. Klasse fahren zu lassen und daß die Mutter, auch sonst
ohne Reiseerfahrung, nicht daran dachte, Nachzahlung für die
I. Klasse zu leisten, wir also unter gar nicht angenehmen Ver
hältnissen bis Pesth ausharren mußten. Das Wasser war aus
nahmsweise klein, es wurde nahezu fort und fort sondirt, ein
mal gehalten.
[Der] Kapitän bestieg mit drei Matrosen ein Boot, die sichere
Wasserstraße zu ermitteln, [um] so das Wiederauffahren zu
vermeiden, worüber w+eetef [abermals] geraume Zeit verging.
Es wurde Abend, es sank die Nacht hernieder, der Aufenthalt
unter den Deckpassagieren wurde immer unangenehmer, in
der Kajüte war die Luft ganz schlecht geworden; da hatte ein
befreundeter Wiener Kaufmann die nicht m genug zu schät
zende Güte, uns die von ihm gemiethete Kabine anzubieten,
was freudigst angenommen wurde. Endlich kamen die Lichter
von Pesth in Sicht, noch lange Minuten, das Schiff legte an,
die Thurmuhr schlug zwei. Wir hörten unseren Namen rufen,
es kam von einem Träger, den Ullmann, ein schon paaf [meh
rere] Jahre vorher beim Vater angestellter Verkäufer, welcher
nun ein Porzellangeschäft in Pesth betrieb, beauftragt hatte,
uns aufzufinden und zu ihm zu führen. Ullmann empfing uns
mit Frau, Sohn und Tochter, wir wurden gleich bewirthet, was
uns gar wohl bekam, und gingen dann gerne rasch zu Bette.
Exp.Nro*55o.Sofeph ßobmapet, Inhabereinet©las*
gabrif ju Sföarienthal, ©lavonien,
betreibt bie vor 3 Sorten übernommene gabri? nunmehr in
feiger ÄuSbehnung, baß fie unter bie bebeutenbpen im
©laSwaren unb Arbeiten in ©las. 37
nigteid^e Ungarn gegd^lt »erben Fann. Äußer gewöhnlichem
£o1)U unb Safelglafe, wirb in berfelbett auch ÄrpftaU* unb
garbwglaS verfertigt.
fBoriflglid) aber t;at ber $err ÄuSfteller fein Äugen*
merf auf gepreßtes ©lag gerietet, unb ju biefem SSehufe
nic^t nur mebrere Steifen nach granFreicp gemacht, fonbern
fiep auch Arbeiter von ba^er nebft einer bebeutenben Änjahl
von mefftngenen formen unb ben, ju beren ©ebrauefje nö*
fingen Separaten unb SJtafchinen vergafft.
Surcp biefe .fjilfgmittel unb burdf) mehrere 33erbeffe*
rungen in bem früheren Verfahren ijt eg bem >£>errn Äug*
fieller gelungen, bie gabrication bcS gepreßten ©lafeg im
©roßen augjuführen, »OjU er burch ben bebeutenben Äb*
fa& bebfelben nach ber Sürfet Äufforberung erhielt. 33a§
fSemaplen be$ gepreßten ©lafe§ bewirft .fjerr ÄugfFeller mit
©bhmeljfarben, weiche eingebrannt werben.
©ingefenbet würben mehrere Safel* unb Slumenauf*
fä§e mit reicher äkrgolbung, blau überfangen, bunt mit ein*
gebrannten Stofen unb glatt unb von SfofagfaS; Sßafferauf*
fa|e grün unb blau>mit reicher, glatter unb erhabener 33er=
golbung, grün burchgefchliffen unb violett 5 §3outeiUen,
©lafer, «Krüge unb fPofale mit reicher SSergolbung von Sto*
fa*, Stubin*, violettem, blauem unb grünem ©lafe, weiß
mit eingebrannter Malerei unb gelb mit ©ilberverjierung
blau burthfchliffene. Senator, ©alatfchüffeln, Soffen unb
@ompot*©cbalen weif brifianiirf unb von Stofaglag mit rei*
eher S3ergolbung; blaue SeHet, Stofatelier mit ©olb* unb
©ilbercerjierungg blau burthfcpliffcne unb 3fofa=S3rotFörbe
unb glacong; ’Saffen, ©dt>njamnrfc^ftIott, ©al^fsüfchen, SrinF*
glafer, ffilumenbecher unb&etter von gepreßtem ©lafe tc. je.
38 ' 5« Stubrif.
Ser ^err Äugßellet hat fief) butep fein regeg Seßreben
bie ©laö gabrication in bem .Königreiche ©lavonien, wo
nur wenige ©ewerbStpatigfeit herrfcht, in Aufnahme jubrtn*
gen unb bur<h bie Einführung ber Erzeugung gepreßter
©lafer, in welbher er fepr fPreigwürbigeg liefert, ein §3er*
bienß erworben, »egen beffen ihm eine ehrenvolle @r*
Währung nicht verfagt werben Fonntc.
282 Teilnahme Lobmeyrs an der Wiener Ausstellung 1839, s. S. 113
282 Lobmeyr’s participation at the Viennese Exhibition 1839, see p. 113
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