Die paar Tage, welche wir da zu Gast blieben, besahen wir uns
Pesth und Ofen reefct [wohl] ausreichend, doch war ich noch
gar zu jung, als daß mir von dem Geschauten viel im Gedächt
nis verblieben wäre. Neu waren mir die am Donauufer In über
großen Haufen aufgeschichteten Wassermelonen und Töpfer
geschirre, welche einmal Graf Szandor mit der ihn auszeich
nenden Bravour und Sicherfoeft auf seinem Pferde wiederholt
übersprungen hatte, was man immer noch bewundernd er
zählte. Der riesige, ungepflasterte P-Iate? Neumarkt, der [da
gegen erschien] mir mit seinen armseligen Bauten nichts we
niger als hauptstädtisch erschien, und nicht weniger, daß wir,
weil wif gutgekieidet waren, maathfrei über die große Schiff
brücke gehen durften, während Bauern, Arbeiter, Dienstboten,
u A. ffh, [ja] selbst Bettler ein paar Kreuzer dafür hinlegen
mußten; das war eigentlich ein Vorrecht der Adeligen, das
[welches] aber auf jodon-der [alle] besseren Stände ausge
dehnt wurde./j weil es eben so viele Geadelte in Ungarn gab.]
Auf dem Dampfschiffe, auf welchem wir weiter nach Mohacz
fuhren, nun I. Klasse, hörten wir nur wenig mehr deutsch spre
chen, der ungarische wie der serbische Adel mied jeden Ver
kehr mit den Uebrigen [Passagiren], wir blieben [also] ziem
lich auf uns selbst beschränkt, was die meist eintönige Fahrt
nicht angenehmer machte.
Als wir Abends das Ziel erreichten, stürzten mit einer Gier, die
mir bisher noch nie vorgekommen waf, eine Anzahl Weiber auf
das Gepäck los, stritten, stießen, ja schlugen sich, zwei der
selben erwischten unsere Koffer, welche sie auf den Kopf nah
men, und schritten, nachdem wir uns mühsam genug ver
ständlich gemacht hatten, vor uns durch einige lange Straßen
von ebenerdigen, mitunter nur aus Holz erbauten Häusern
dem „großen Gasthause“ zu, das freilich in Allem bescheiden
genug war. Des andern Tags fuhren wir mit einem Bauernwa
gen auf Heusitzen [weiter, denn] anderes Gefährt gab's da
nicht we+fe-r. Die Pferde griffen scharf aus und je mehr wir dem
Bauer begreiflich machen wollten, er möge lieber etwas
langsamer fahren, um so mehr trieb er sie an, doch ging’s hei!
fort; nachmittags langten wir in Essegg, dem heutigen Ziele,
an. Einer der Fabrikarbeiter von Marienthal war da, das Comi-
tatshaus zu verglasen, er besorgte gleich einen Wagen für
morgen; es war ein hübscher Korbwagen, dazu bekamen wir
eine Anweisung auf Vorspannpferde, die von Station zu Sta
tion gewechselt wurde. Der Bauer brachte uns [regelmäßig]
zum Wirthshaus, nahm den geringen Lohn, spannte aus und
ritt davon; es mußte zum Dorfnotar geschickt werden, der den
an der Tour stehenden Bauer holen ließ, damit verging erst viel
Zeit; da aber dann die frischen Pferde liefen, was sie nur konn
ten, gmg's [kamen wir] doch im Ganzen sehr schnell [weiter],
wir langten [daher] so früh am Nachmittag in Marienthal an,
wo wir selbstverständlich so gut aufgenommen und einquar
tiert wurden, als es nur sein konnte [möglich war]. Die zwei,
drei Wochen, welche wir hier verblieben, vergingen uns recht
angenehm, die Glasarbeit am Ofen, in der Schleife u. s. w. war
uns Allen neu, wir betheiligten uns am Blasen von ein paar
Gläsern, welche wir dann mitbekamen, besuchten einen
Markt in Gutjevar, tanzten bei einer kleinen Unterhaltung, wel
che der Direktor den Fabriksleuten veranstaltete, trieben uns
im Walde herum u. s. w., [wir Brüder waren ja noch Kinder.]
Es ward beschlossen, daß wir die Rückfahrt nach Mohacz in
lert d) t
über b i i
$nmte
allgemeine cfierretcfjifcfje
©ett>erö8*$H‘obucfen ^uSftettung
im
$ßa()rt 11139.
Jflk Üi/Jlr M0/
itÄM
\;.Tv.rT. -
!
Säten 1840+
2fu! bet f. f. unb @faatg=3£ewriaf;®tutff«i.
283 Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbs=Produc-
ten=Ausstellung im Jahre 1839. Wien 1840, Titelseite
283 Report on the second general Austrian Exhibitiion of Industrial Products
in the year 1939, Vienna 1840, front page
einem Tag machen [sollten], was mit unseren Pferden [recht]
gut sein konnte, aber der Kutscher, ein fauler Kerl, hatte sie
nicht früher ordentlich gefüttert gehabt; [so daß schon] nach
der ersten Station die hungrigen Thiere ermattet waren se-daß
[und] wir gleich zwei Stunden Rast halten mußten. Da die
Mutter die Verhältnisse nicht zu beurtheilen wußte, Wir unter
ließen [wir] es leider, mittags andere Pferde zu nehmen, so
ward es ob des öfteren Rastens neun Uhr, als wir in ein Dorf
einfuhren, das im Nachtdunkel keinen freundlichen Eindruck
machte. Der Kutscher erklärte, den weiteren Weg nicht mehr
zu kennen, aed-um 2 Uhr nachts war [aber] die Abfahrtszeit
des Dampfschiffes. Die Mutter wandte sich an ein paar Bau
ern, die deutsch sprachen, es möge einer gegen gutes Trink
geld bis Mohacz mitfahren. „Ah na, da fahr’n mer net mit, in
dem Wald gibt’s Räuber!“ das galt vom nächsten Walde. Was
nun machen? Hier bleiben? Das Wirthshaus war nahezu un
heimlich und wären wir morgen erst nach Mohacz gefahren,
so hätten wir dort eine Woche bleiben müssen, da das Schiff
nur alle acht Tage einmal fuhr. Es waren, Da wir die Pferde
wieder rasten lassen mußten, [waren] über zwei Stunden ver
gangen, die Wirthin versicherte uns, daß seit Menschenge-
113