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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

Die paar Tage, welche wir da zu Gast blieben, besahen wir uns 
Pesth und Ofen reefct [wohl] ausreichend, doch war ich noch 
gar zu jung, als daß mir von dem Geschauten viel im Gedächt 
nis verblieben wäre. Neu waren mir die am Donauufer In über 
großen Haufen aufgeschichteten Wassermelonen und Töpfer 
geschirre, welche einmal Graf Szandor mit der ihn auszeich 
nenden Bravour und Sicherfoeft auf seinem Pferde wiederholt 
übersprungen hatte, was man immer noch bewundernd er 
zählte. Der riesige, ungepflasterte P-Iate? Neumarkt, der [da 
gegen erschien] mir mit seinen armseligen Bauten nichts we 
niger als hauptstädtisch erschien, und nicht weniger, daß wir, 
weil wif gutgekieidet waren, maathfrei über die große Schiff 
brücke gehen durften, während Bauern, Arbeiter, Dienstboten, 
u A. ffh, [ja] selbst Bettler ein paar Kreuzer dafür hinlegen 
mußten; das war eigentlich ein Vorrecht der Adeligen, das 
[welches] aber auf jodon-der [alle] besseren Stände ausge 
dehnt wurde./j weil es eben so viele Geadelte in Ungarn gab.] 
Auf dem Dampfschiffe, auf welchem wir weiter nach Mohacz 
fuhren, nun I. Klasse, hörten wir nur wenig mehr deutsch spre 
chen, der ungarische wie der serbische Adel mied jeden Ver 
kehr mit den Uebrigen [Passagiren], wir blieben [also] ziem 
lich auf uns selbst beschränkt, was die meist eintönige Fahrt 
nicht angenehmer machte. 
Als wir Abends das Ziel erreichten, stürzten mit einer Gier, die 
mir bisher noch nie vorgekommen waf, eine Anzahl Weiber auf 
das Gepäck los, stritten, stießen, ja schlugen sich, zwei der 
selben erwischten unsere Koffer, welche sie auf den Kopf nah 
men, und schritten, nachdem wir uns mühsam genug ver 
ständlich gemacht hatten, vor uns durch einige lange Straßen 
von ebenerdigen, mitunter nur aus Holz erbauten Häusern 
dem „großen Gasthause“ zu, das freilich in Allem bescheiden 
genug war. Des andern Tags fuhren wir mit einem Bauernwa 
gen auf Heusitzen [weiter, denn] anderes Gefährt gab's da 
nicht we+fe-r. Die Pferde griffen scharf aus und je mehr wir dem 
Bauer begreiflich machen wollten, er möge lieber etwas 
langsamer fahren, um so mehr trieb er sie an, doch ging’s hei! 
fort; nachmittags langten wir in Essegg, dem heutigen Ziele, 
an. Einer der Fabrikarbeiter von Marienthal war da, das Comi- 
tatshaus zu verglasen, er besorgte gleich einen Wagen für 
morgen; es war ein hübscher Korbwagen, dazu bekamen wir 
eine Anweisung auf Vorspannpferde, die von Station zu Sta 
tion gewechselt wurde. Der Bauer brachte uns [regelmäßig] 
zum Wirthshaus, nahm den geringen Lohn, spannte aus und 
ritt davon; es mußte zum Dorfnotar geschickt werden, der den 
an der Tour stehenden Bauer holen ließ, damit verging erst viel 
Zeit; da aber dann die frischen Pferde liefen, was sie nur konn 
ten, gmg's [kamen wir] doch im Ganzen sehr schnell [weiter], 
wir langten [daher] so früh am Nachmittag in Marienthal an, 
wo wir selbstverständlich so gut aufgenommen und einquar 
tiert wurden, als es nur sein konnte [möglich war]. Die zwei, 
drei Wochen, welche wir hier verblieben, vergingen uns recht 
angenehm, die Glasarbeit am Ofen, in der Schleife u. s. w. war 
uns Allen neu, wir betheiligten uns am Blasen von ein paar 
Gläsern, welche wir dann mitbekamen, besuchten einen 
Markt in Gutjevar, tanzten bei einer kleinen Unterhaltung, wel 
che der Direktor den Fabriksleuten veranstaltete, trieben uns 
im Walde herum u. s. w., [wir Brüder waren ja noch Kinder.] 
Es ward beschlossen, daß wir die Rückfahrt nach Mohacz in 
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283 Bericht über die zweite allgemeine österreichische Gewerbs=Produc- 
ten=Ausstellung im Jahre 1839. Wien 1840, Titelseite 
283 Report on the second general Austrian Exhibitiion of Industrial Products 
in the year 1939, Vienna 1840, front page 
einem Tag machen [sollten], was mit unseren Pferden [recht] 
gut sein konnte, aber der Kutscher, ein fauler Kerl, hatte sie 
nicht früher ordentlich gefüttert gehabt; [so daß schon] nach 
der ersten Station die hungrigen Thiere ermattet waren se-daß 
[und] wir gleich zwei Stunden Rast halten mußten. Da die 
Mutter die Verhältnisse nicht zu beurtheilen wußte, Wir unter 
ließen [wir] es leider, mittags andere Pferde zu nehmen, so 
ward es ob des öfteren Rastens neun Uhr, als wir in ein Dorf 
einfuhren, das im Nachtdunkel keinen freundlichen Eindruck 
machte. Der Kutscher erklärte, den weiteren Weg nicht mehr 
zu kennen, aed-um 2 Uhr nachts war [aber] die Abfahrtszeit 
des Dampfschiffes. Die Mutter wandte sich an ein paar Bau 
ern, die deutsch sprachen, es möge einer gegen gutes Trink 
geld bis Mohacz mitfahren. „Ah na, da fahr’n mer net mit, in 
dem Wald gibt’s Räuber!“ das galt vom nächsten Walde. Was 
nun machen? Hier bleiben? Das Wirthshaus war nahezu un 
heimlich und wären wir morgen erst nach Mohacz gefahren, 
so hätten wir dort eine Woche bleiben müssen, da das Schiff 
nur alle acht Tage einmal fuhr. Es waren, Da wir die Pferde 
wieder rasten lassen mußten, [waren] über zwei Stunden ver 
gangen, die Wirthin versicherte uns, daß seit Menschenge- 
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