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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

Zeitungslektüre im Hause Lobmeyr, - Bildersammlung von 
Rudolf von Arth aber 
In unserem Hause wurde Bäuerle’s „Theaterzeitung“ und Sa- 
phir’s „Humorist,“ sowie eine illustrirte Romanzeitung gehal 
ten, welche aber vom Vater auch kaum beachtet wurde, woge 
gen die Mutter, wenn sie im Geschäfte sonst nicht in Anspruch 
genommen war, sich die Zeitung auf den Schoß legte, um sie 
aufmerksam durchzulesen, wte dazu {sie noch zu] strickte 
[en, denn ohne Arbeit konnte sie nie sein]. Nach dem Abend 
essen, wenn die Mutter die Küchenrechnung mit den Zetteln 
vom Fleischer, Bäcker u. s. w. genau verglichen und sonst 
überprüft, der Köchin für den nächsten Tag „angesagt“, Kaf 
fee, Mehl, Fett u. s. w. vorgegeben hatte und nicht Hauswä 
sche auszubessern oder aus den schon schleußig geworde 
nen Stücken mit großer Anstelligkeit Putztücher für das Ge 
schäft zusammenzustoppeln sich veranlaßt sah, las sie dem 
Vater und uns Kindern selber gerne aus den Zeitungen vor, 
oder einer von uns mußte es thun; da war [es] besonders Eu 
gen Sue’s etef „ewige// - / Jude“ und derlei, was mit ganz beson 
derer Spannung vorgenommen [jeder Fortsetzung mit großer 
Ungeduld entgegengesehen] wurde. Als im Februar 1848 in 
Paris die Revolution ausbrach, so wurden in „unseren“ zwei 
Tagesblättern Berichte darüber gegeben, die gewiß nicht auf 
zuregen vermochten. Bis dahin also wir in unserem Hause von 
Politik eigentlich gar nicht die Rede gewesen. Der Vater beg 
nügte sich, ein guter Bürger zu sein, und selbst wenn Vorla 
dungen zu irgend einem Amte kamen, in denen es, wie damals 
allgemein so üblich, [es] nur hieß: Jos. Lobmeyr hat dort und 
da punkt zu erscheinen, also das „Herr“ dem Bürger 
nicht einmal zugestanden wurde, so dachte er sich darüber 
weiter auch nichts, denn so war’s eben gang und gäbe. Hätte 
[Würde] damals ein Bürger etwas Selbstbewußtsein gezeigt 
[haben], so hätte man ihm behördlicherseits gleich entschie 
den bedeutet, daß solches nicht geduldet werden dürfe; 
brachte es ja einer zu größerem Wohlstand, so durfte er das 
keinesfalls auffällig merken lassen. So hatte Rudolf von Artha 
ber wohl nach und nach eine Bildersammlung zuwege ge 
bracht, welche namentlich für die damalige Zeit als eine Pri 
vatsammlung sehr bedeutend [war], und da vorwiegend öster 
reichische Meister und zwar bestens vertreten waren, um so 
verdienstlicher [blieb] ; aber sie war in seiner Villa in Döbling 
untergebracht, er genoß sie nur mit seinen Freunden und da 
[nachdem] er sonst nicht viel Haus machte, sprach man ei 
gentlich wenig davon, er begnügte sich mit der verhältnis 
mäßig stillen Freude an diesem Besitze und that gewiß gut 
daran, denn hätte er damit Aufsehen gemacht, würde man ste 
ihm [das] wahrscheinlich bald amtlich vergällt haben. [So 
war’s eben in der guten alten Zeit!] 
& 
Revolution von 1848 
Nun kam [also] die Februarrevolution 1848 in Paris, von der 
[wie schon bemerkt] unsere Zeitungen gewiß nur karg und ab 
fällig berichtete, um die Ruhe der guten [braven] Bürger mög 
lichst zu schonen. Die große Mehrzahl machte sich gewiß 
auch von der Bedeutung jenes Ereignisses [gar] keine Vor 
stellung, wenngleich man in den höher gebildeten Kreisen be- 
348 Ampel, Detail aus der Geschäftskarte S. 141 
348 Hanging lamp, detail from the business card p. 141 
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