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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

Auftrag des Vicekönigs von Ägypten 1848. - Reise von Josef 
Lobmeyr nach Ägypten 1849 
Noch im Jahre 1848 war ein wahrhaft großartiger Auftrag des 
Vicekönigs von Egypten auf Krön- und Wandleuchter für sein 
Palais bei Kairo dem Vater zugekommen. Zuerst mußten 
selbstverständlich Zeichnungen und Ueberschläge eingesen 
det werden; wir wußten, daß auch Engländer und Andere zum 
Mitbewerb aufgefordert wurden, um so anregender schien mir 
die Aufgabe. Die Lüster für den Orient müssen stets mit langen 
Tulpen, in welchen die Kerzen stecken, ausgeführt werden, da 
man dort der Wärme wegen nicht nur alle Räume offen hält, 
sondern auch Vorrichtungen hat, um einen regen Luftzug zu 
unterhalten. Die Kerzen müssen darum umhüllt sein, auf daß 
sie nicht abfließen. Wir bekamen Vorlagen von derlei engli 
schen Lüstern zur Hand. Um diese Zeit war es gerade, daß die 
matten Farben, wie Alabasterweiß, Türkisblau, Smaragdgrün 
und milchiges Rosa aufgetaucht waren; ich machte also Ent 
würfe, bei welchen diese neuen süßen Farben reichlich in An 
wendung kamen, auch welche mit rubinrothem, vergoldeten 
Glase u. dgl. m., was alles die Engländer nicht bieten konnten. 
Dazu waren unsere Preise gewiß weit billiger, als die für die 
schweren englischen Krystalllüster. Kurz, wir erhielten den 
Auftrag und mir fiel es zu, alle Werkzeichnungen genau aus 
zuführen, wozu ich allerdings auch einen oder ein paar Hilfs 
zeichner mit verwendete. Ich ließ die Modelle für die Bronze 
arme und Fassungen anfertigen, die Bronzefabrik von Sigm. 
Wand besorgte den Guß, das Zusammensetzen der Bronze- 
und Glastheile, ich begutachtete und änderte, wo es geboten 
war, kurz, es gab so viel anregende Arbeit nebst der im laufen 
den Geschäfte, daß es für mich eine helle Freude war. Endlich 
war das Wesentlichste fertig; nun schiffte sich im November 
1849 Bruder Josef mit einem Bronzearbeiter ein, um drüben in 
Egypten alle diese Lüster, großen Krön [Steh] leuchter und die 
vielen Wandarme aufzumachen. Die Sachen fanden so viel 
Beifall, daß ein anderer arabischer Fürst den Bruder und den 
Arbeiter gleich mitnehmen wollte, damit sie auch irgendwo sei 
nen Palast mit solchen Beleuchtungsgegenständen schmück 
ten, was selbstverständlich unterbleiben mußte, da man ja 
derlei nicht gleich wieder zur Hand hat. 
Geschäftlich war die Sache gelungen, der Bruder bekam aber 
drüben die Dissenterie, von der er sich nie mehr ganz erholte 
und welche schließlich seinen Körper so schwächte, daß sich 
endlich Unterleibstuberkulose einsteilte. - 
Wir hatten allerdings einen sogenannten Buchhalter, aber 
€teeb-fHtf--einen--sehr-bescheidonen, dom die gewöhnlichen 
Bat-ragungon, VorrochnungoR--ufi€l-das-Br4efeehroiben im All- 
gemeiaea oblag: der Bruder aber hatte im Geschäfte nebst 
dem Verkehr mit der Kundschaft manche so zu sagen vertrau 
liche Arbeiten auf sich; es waren dies Bestellungen bei einigen 
unserer Fabrikanten, einzelnen Glasraffineuren, Malern oder 
Schleifern, welche - es ist mir heute nicht mehr erklärlich, 
warum - nahezu wie Geschäftsgeheimnis gegenüber unseren 
Gesellen behandelt wurden. [Zweck hatte es gewiß gar kei 
nen.] 
Während nun der Bruder nach Esseg gereist war, fielen mir 
nebea/sf/ dem Zeichnen, das sonst, außer der Betheiligung 
beim Verkaufe, meine Aufgabe war, auch jene schriftlichen Ar- 
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428 Josef Lobmeyr jun. (1828 - 1864) 
(Rath, Lobmeyr 1998, S. 37: Daguerrotypie aus dem Jahr 1849, „nach . 
seiner Rückkehr aus Egypten“) 
428 Josef Lobmeyr jun. (1828 - 1864) 
(Rath, Lobmeyr 1998, p. 37: daguerreotype from 1849, “after his return 
from Egypt”) 
Herrn Jos Lobmeyr hier 
Wien d. 14 Nov 1849 
In höflicher Beantworung Ihres werthen heutigen Schreibens, erkläre ich 
mich, mit den darin ausgesprochenen Bedingungen unter welchen ich die 
demnächst anzutretende Reise über Triest und Alexandrien nach Cairo in 
Ihren Geschäften mache; vollkommen einverstanden, nemlich 
1) kostenfreie Hin- und Zurückreise für mich 
2) freie Beköstigung für mich, deren Kosten Sie bestreiten. 
3) mein WochenTohn für mich ein Gulden Acht C Mz am Tage meiner Abreise 
von hier an gerechnet bis zum Tage meiner Zurückkunft nach Wien. 
Ich verpflichte mich dagegen den mir obliegenden Arbeiten, nach Anord 
nung Ihres Herrn Sohnes Joseph, mit allem FleiBe und aller Sorgfalt jederzeit 
unweigerlich nachzukommen 
Mit Hochachtung zeichne - 
ich in Gegenwart von zwei Herrn Zeugen, da ich des Schreibens unkundig bin 
mit 
XXX 
soll heißen Stanislaus Dranizky 
J F Möller 
als Zeuge 
Ferd: Rück (?) 
als Zeuge 
168
	        
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