brik, wo ich zu meiner Befriedigung die Hölle gar nicht so heiß
fand, als mir berichtet wurde, darum auch ruhig an meine Ar
beiten ging. Es gab wieder gar Vielerlei zu thun, ich mußte
wiederholt des Prozesses wegen nach Veröze zu D r Mohl, der
unsere Angelegenheit inzwischen ganz übernommen hatte
und mit Umsicht führte; ich hatte laut unserer Verpflichtung
Hondl wieder einen Jahresabschluß vorzulegen, was, da sich
ein Fehler eingeschlichten hatte, \Jm[An]stände brachte. Da
sieb Die aber glücklicherweise bald ergab, daß [und ziemlich
harmlos behoben wurden weil es]sein eigener Schwager, der
Beamte Axmann, [war, der den] diesen Fehler verschuldete,
ging dio Saehe glatt ab, sonst hätte man [daraus möglichst]
viel Wesens daraus gemacht. Im Vuchiner Fremdenhause
war, da dem Gutsherrn [der auf sein Geld lieber selbst sitzen
(?) wollte] inzwischen aus dem Schlosse selbst 30.000 fl. ge
raubt worden waren, ein Major der Grenztruppen einlogirt,
seine Mannschaft theils hier, theils in der Umgebung auf Räu
berkommando vertheilt. Jener wunderte sich, daß ich immer
herumfuhr, ohne je-weatgsteas [auch nur] ein Gewehr oder
Bedeckung mitzunehmen, die er mir bewilligt hätte. Ich sagte:
Wozu? Wenn Jovo an mich herankommt, gebe ich ihm das
wenige Geld, das ich bei mir habe und, wenn er will, auch die
Uhr; auf ihn schießen? - nein! Denn hinter den nächsten Bäu
men stehen vermuthlich ein paar seiner Leute schußbereit
und demnach käme ich, wenn überhaupt, gewiß recht
schlecht weg, oder soll ich ihm ohne Widerstand gleich auch
noch das Gewehr ausliefern? Vergnüglich war mein Aufenthalt
gewiß nicht, um so weniger als uns die inzwischen erfolgte,
glücklicherweise bald behobene Erkrankung des Gutsherrn
nicht wenig Sorge machte. Endlich wurde ich fertig, 4eb [und]
kam am 15. September wieder von der Fabrik fort. Als ich aber
Mittags in Vuchin eintraf, war die erste Ansprache: „Wie seh'n
denn Sie aus? Sie haben ja Fieber!“ Ich ging zum Gutsherrn,
um Abschied zu nehmen, doch schüttelte es mich bereits so
heftig, daß ich nur mit Anstrengung mich aufrecht zu halten
vermochte. - Also nur ein paar Löffel Suppe und [rasch] weiter
nach Veröze, wo ich noch Verschiedenes besorgen mußte;
[und] ich kam der schlechten Pferde wegen erst Nachts dahin
[kam]. Am andern Tag war ich, wie dies beim Wechselfieber
der Fall ist, leidlich wohl, konnte die [zum]Theil zuwideren Ge
schäfte meist noch abwickeln, so daß ich den andern Tag nicht
mehr zu viel auf mir hatte.
Rückkehr nach Wien - Krankheit-Reise durch Österreich, die
Schweiz und Italien
in Essegg bekam ich wieder einen Fieberanfall, mußte trotz al
ledem noch Manches erledigen und kam erst am 1 ßf en weiter,
hatte mich noch in Pesth Geschäfte halber einen Tag aufzu
halten ead traf se [also] erst am 2lten j n Wien ein. Von dem
Augenblick an, als ich das Dampfschiff bestiegen hatte, blieb
ich fieberfrei, der Anfall schien vorüber zu sein, ich ahnte nicht,
von welch’ einschneidender Bedeutung er für mein Leben
werden sollte.
Im Oktober stellte sich eine arge Magenverstimmung ein. Es
kam zufällig der Vuchiner Arzt Dr Solf nach Wien, sagte, meine
Störung rühre von Gallenanhäufig [und Leberverhärtung] in
folge des Fieberanfalles her, empfahl mir dies und das und da
ich ihn für genug erfahren in solchen Dingen halten konnte,
folgte ich seiner Weisung, doch die Sache wurde schlimmer.
In unserem Landhause wohnte seit manchem Sommer ein
Homöopath, D r Schmidt, der mich nun mit allerlei Pillen füt
terte; statt die Neujahrsnacht fröhlich zu begehen, ward ich
vom neuauftretenden Fieber in’s Bett gejagt; ich war schon
gar sehr heruntergekommen und wendete mich nun an den Al
lopathen D r Stoffela, der mir nux vomica und zwar bald in
ziemlichen Dosen verordnete, das wohl das Fieber abschnitt,
aber gewiß nicht [kaum]das für mich geeigneteste Mittel war.
Ich trank Marienbader Wasser, hielt [dies und] strenge Diät,
hielt[en] mich aufrecht, aber wohl ward mir nicht. Also eine Ge-
birgsreise! Am 5. August fuhr ich weg, kam zum ersten mal
über den Semmering, der schon einen gar mächtigen Ein
druck auf mich machte. In Mürzzuschlag war Mittagsrast. Ne
ben mir am Tisch saß eine zimpferlich thuende junge Dame,
die, als man jedem von uns ein Wiener Kalbsschnitzel vor
stellte, das wohl sehr dünn, aber so groß war, daß es thatsäch-
lich ringsum über den Tellerrand reichte, ausrief: das ist ja für
einen Holzhauer! Mir etwas Leidendem war es allerdings em
wenig [etwas]zu viel, die Dame aber war doch bald damit fer
tig geworden. Ich fuhr mit der Bahn bis Bruck, weiter wollte ich
mit dem Eilwagen nach Aussee gelangen, da dieser aber erst
um Mitternacht abging, nahm ich eine einspännige Extrapost,
mit der man am [doch] am lustigsten im Gebirge fährt. Unter
wegs aber fand ich einen Wiener, weicher mich leicht überre
dete, mit ihm nach Radstadt abzuzweigen. Von da kam ich
nach Steinach, speiste mit vier freundlichen Geistlichen und
schloß mich ihnen gerne an, um zu Fuß das vier Stunden
weite Grimming zu erreichen. Der Marsch bekam mir recht
gut, mit Wagen gelangte ich nach Radstadt. Die Tage seither
waren regnerisch, schon wollte ich die Gebirgsreise aufgeben
und über Salzburg nach Innsbruck fahren, als bessere Wetter
zeichen meine Hoffnung neu belebten und ich die Fahrt, wie
geplant nach St, Johann und Lend fortsetzte. Um die Mor
genkühle, welche mir noch wehe that, zu vermeiden, fuhr ich
erst um 8 Uhr [wieder] mit Extrapost nach Gastein. Wir waren
schon lange gefahren, als sich der Postillon umwendete und
mich frug, ob mir denn die Gegend gar nicht gefalle, denn
einen so schweigsamen Passagier habe er noch nicht gefah
ren. Ich beruhigte sein Selbstgefühl, indem ich ihm erzählte,
daß mir [gar] nicht behaglich sei, daß ich aber die Schönheit
der Gegend gewiß hochschätze und voll bewundere, aber lei
der nicht aufjauchzen könne, leh-kam Im Wildbad an[gekom-
men, fand ich] erst nach einiger Mühe ein Zimmer, suchte
bald den Badearzt auf, einen entfernten Verwandten, auf, der
mir Tropfen u. A. m. verordnete, aber dem Unwohlsein, das
mich befallen hatte, keine Bedeutung beilegte. Ich zwang
mich, [die] Gasteiner Merkwürdigkeiten zu besichtigen und al
les sehr schön zu finden, kroch aber früh zu Bett und fühlte
mich auch beruhigender Weise am andern sonnigen, jedoch
sehr kalten Morgen wohler, so daß ich nach Böckstein und
weiter in das höchste Thai Europas, in das 5000 Fuß hoch ge
legene Nassfeld emporstieg. Daß ich den nicht unbedeuten
den Hin- und Rückmarsch bewältigen konnte, machte mir
wohl mehr Freude, als all’ die Großartigkeit und Pracht der Na
tur, welche mich in gewiß herrlich wechselnden Bildern um
gab. Um so mehr als [Da] es wieder den Anschein gewann,
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