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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

brik, wo ich zu meiner Befriedigung die Hölle gar nicht so heiß 
fand, als mir berichtet wurde, darum auch ruhig an meine Ar 
beiten ging. Es gab wieder gar Vielerlei zu thun, ich mußte 
wiederholt des Prozesses wegen nach Veröze zu D r Mohl, der 
unsere Angelegenheit inzwischen ganz übernommen hatte 
und mit Umsicht führte; ich hatte laut unserer Verpflichtung 
Hondl wieder einen Jahresabschluß vorzulegen, was, da sich 
ein Fehler eingeschlichten hatte, \Jm[An]stände brachte. Da 
sieb Die aber glücklicherweise bald ergab, daß [und ziemlich 
harmlos behoben wurden weil es]sein eigener Schwager, der 
Beamte Axmann, [war, der den] diesen Fehler verschuldete, 
ging dio Saehe glatt ab, sonst hätte man [daraus möglichst] 
viel Wesens daraus gemacht. Im Vuchiner Fremdenhause 
war, da dem Gutsherrn [der auf sein Geld lieber selbst sitzen 
(?) wollte] inzwischen aus dem Schlosse selbst 30.000 fl. ge 
raubt worden waren, ein Major der Grenztruppen einlogirt, 
seine Mannschaft theils hier, theils in der Umgebung auf Räu 
berkommando vertheilt. Jener wunderte sich, daß ich immer 
herumfuhr, ohne je-weatgsteas [auch nur] ein Gewehr oder 
Bedeckung mitzunehmen, die er mir bewilligt hätte. Ich sagte: 
Wozu? Wenn Jovo an mich herankommt, gebe ich ihm das 
wenige Geld, das ich bei mir habe und, wenn er will, auch die 
Uhr; auf ihn schießen? - nein! Denn hinter den nächsten Bäu 
men stehen vermuthlich ein paar seiner Leute schußbereit 
und demnach käme ich, wenn überhaupt, gewiß recht 
schlecht weg, oder soll ich ihm ohne Widerstand gleich auch 
noch das Gewehr ausliefern? Vergnüglich war mein Aufenthalt 
gewiß nicht, um so weniger als uns die inzwischen erfolgte, 
glücklicherweise bald behobene Erkrankung des Gutsherrn 
nicht wenig Sorge machte. Endlich wurde ich fertig, 4eb [und] 
kam am 15. September wieder von der Fabrik fort. Als ich aber 
Mittags in Vuchin eintraf, war die erste Ansprache: „Wie seh'n 
denn Sie aus? Sie haben ja Fieber!“ Ich ging zum Gutsherrn, 
um Abschied zu nehmen, doch schüttelte es mich bereits so 
heftig, daß ich nur mit Anstrengung mich aufrecht zu halten 
vermochte. - Also nur ein paar Löffel Suppe und [rasch] weiter 
nach Veröze, wo ich noch Verschiedenes besorgen mußte; 
[und] ich kam der schlechten Pferde wegen erst Nachts dahin 
[kam]. Am andern Tag war ich, wie dies beim Wechselfieber 
der Fall ist, leidlich wohl, konnte die [zum]Theil zuwideren Ge 
schäfte meist noch abwickeln, so daß ich den andern Tag nicht 
mehr zu viel auf mir hatte. 
Rückkehr nach Wien - Krankheit-Reise durch Österreich, die 
Schweiz und Italien 
in Essegg bekam ich wieder einen Fieberanfall, mußte trotz al 
ledem noch Manches erledigen und kam erst am 1 ßf en weiter, 
hatte mich noch in Pesth Geschäfte halber einen Tag aufzu 
halten ead traf se [also] erst am 2lten j n Wien ein. Von dem 
Augenblick an, als ich das Dampfschiff bestiegen hatte, blieb 
ich fieberfrei, der Anfall schien vorüber zu sein, ich ahnte nicht, 
von welch’ einschneidender Bedeutung er für mein Leben 
werden sollte. 
Im Oktober stellte sich eine arge Magenverstimmung ein. Es 
kam zufällig der Vuchiner Arzt Dr Solf nach Wien, sagte, meine 
Störung rühre von Gallenanhäufig [und Leberverhärtung] in 
folge des Fieberanfalles her, empfahl mir dies und das und da 
ich ihn für genug erfahren in solchen Dingen halten konnte, 
folgte ich seiner Weisung, doch die Sache wurde schlimmer. 
In unserem Landhause wohnte seit manchem Sommer ein 
Homöopath, D r Schmidt, der mich nun mit allerlei Pillen füt 
terte; statt die Neujahrsnacht fröhlich zu begehen, ward ich 
vom neuauftretenden Fieber in’s Bett gejagt; ich war schon 
gar sehr heruntergekommen und wendete mich nun an den Al 
lopathen D r Stoffela, der mir nux vomica und zwar bald in 
ziemlichen Dosen verordnete, das wohl das Fieber abschnitt, 
aber gewiß nicht [kaum]das für mich geeigneteste Mittel war. 
Ich trank Marienbader Wasser, hielt [dies und] strenge Diät, 
hielt[en] mich aufrecht, aber wohl ward mir nicht. Also eine Ge- 
birgsreise! Am 5. August fuhr ich weg, kam zum ersten mal 
über den Semmering, der schon einen gar mächtigen Ein 
druck auf mich machte. In Mürzzuschlag war Mittagsrast. Ne 
ben mir am Tisch saß eine zimpferlich thuende junge Dame, 
die, als man jedem von uns ein Wiener Kalbsschnitzel vor 
stellte, das wohl sehr dünn, aber so groß war, daß es thatsäch- 
lich ringsum über den Tellerrand reichte, ausrief: das ist ja für 
einen Holzhauer! Mir etwas Leidendem war es allerdings em 
wenig [etwas]zu viel, die Dame aber war doch bald damit fer 
tig geworden. Ich fuhr mit der Bahn bis Bruck, weiter wollte ich 
mit dem Eilwagen nach Aussee gelangen, da dieser aber erst 
um Mitternacht abging, nahm ich eine einspännige Extrapost, 
mit der man am [doch] am lustigsten im Gebirge fährt. Unter 
wegs aber fand ich einen Wiener, weicher mich leicht überre 
dete, mit ihm nach Radstadt abzuzweigen. Von da kam ich 
nach Steinach, speiste mit vier freundlichen Geistlichen und 
schloß mich ihnen gerne an, um zu Fuß das vier Stunden 
weite Grimming zu erreichen. Der Marsch bekam mir recht 
gut, mit Wagen gelangte ich nach Radstadt. Die Tage seither 
waren regnerisch, schon wollte ich die Gebirgsreise aufgeben 
und über Salzburg nach Innsbruck fahren, als bessere Wetter 
zeichen meine Hoffnung neu belebten und ich die Fahrt, wie 
geplant nach St, Johann und Lend fortsetzte. Um die Mor 
genkühle, welche mir noch wehe that, zu vermeiden, fuhr ich 
erst um 8 Uhr [wieder] mit Extrapost nach Gastein. Wir waren 
schon lange gefahren, als sich der Postillon umwendete und 
mich frug, ob mir denn die Gegend gar nicht gefalle, denn 
einen so schweigsamen Passagier habe er noch nicht gefah 
ren. Ich beruhigte sein Selbstgefühl, indem ich ihm erzählte, 
daß mir [gar] nicht behaglich sei, daß ich aber die Schönheit 
der Gegend gewiß hochschätze und voll bewundere, aber lei 
der nicht aufjauchzen könne, leh-kam Im Wildbad an[gekom- 
men, fand ich] erst nach einiger Mühe ein Zimmer, suchte 
bald den Badearzt auf, einen entfernten Verwandten, auf, der 
mir Tropfen u. A. m. verordnete, aber dem Unwohlsein, das 
mich befallen hatte, keine Bedeutung beilegte. Ich zwang 
mich, [die] Gasteiner Merkwürdigkeiten zu besichtigen und al 
les sehr schön zu finden, kroch aber früh zu Bett und fühlte 
mich auch beruhigender Weise am andern sonnigen, jedoch 
sehr kalten Morgen wohler, so daß ich nach Böckstein und 
weiter in das höchste Thai Europas, in das 5000 Fuß hoch ge 
legene Nassfeld emporstieg. Daß ich den nicht unbedeuten 
den Hin- und Rückmarsch bewältigen konnte, machte mir 
wohl mehr Freude, als all’ die Großartigkeit und Pracht der Na 
tur, welche mich in gewiß herrlich wechselnden Bildern um 
gab. Um so mehr als [Da] es wieder den Anschein gewann, 
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