[Als ] Wie ich [seinerzeit] Pohl für Zvecevo aufnahm, brachte
er mir eine Menge Zeichnungen von Steigerwald in München,
welcher seinerzeit auf unserem Gebiete [damals] die
führende Rolle innehatte, auch Musterzeichnungen Hof-
mann’s in Prag, ferner solche von Tasebi[cchi] in Frankfurt
mit, welche die aller Anderen überragten, aber alles war eben
böhmischer Stil. Ich ging damals gleich nachhaltig an die Um
arbeitung unserer alten und Schaffung neuerer Service und
anderer Gegenstände, wozu mir mein Aufenthalt in Slavonien
genug Zeit ließ, kam Allerdings [kam ich aber] nicht gleich zu
besonderen Leistungen. Kralik schrieb mir [wohl] zu Anfang,
was ich begehre sei difficile Drechsler- aber keine Glasma
cherarbeit; er ging aber doch daran und sie wurde geleistet;
[Ich] beantragte nun [immer Schwierigeres], iah obwohl Kralik
zunächst stets bittere Einwendungen erhob, aber dann doch
an die Ausführung schritt. Man hatte seither Solches noch
nicht gefordert, wußte demnach auch nicht, zu welchen Lei
stungen unsere Arbeiter durch nachhaltige Schulung gebracht
werden können. Ich danke es doch nur vor Allem meinem
Schwager, daß er die Geduld dafür aufbrachte, und immer
mehr Selbstvertrauen gewann. Künsteleien wurden wohl auch
auf anderen böhmischen Fabriken gar manche getrieben, auf
die man sich um so mehr zugute that, je absonderlicher sie
waren, aber für edle Formen, für [wahrhaft] schöne Ausgestal
tung der Einzelheiten hatte man noch gar kein Empfinden.
Nachdom ich in London Fromdoo gosohen, das mich zu noch
höhorom Strobon anepomte, [Ich] se ging ieb mit um so [im
mer] mehr Eifer an’s Schaffen.
Tod der Mutter; Krankheit und Tod des Bruders Josef Lobmeyr,
1864
Nun aber folgten schwere Zeiten. Bei der Mutter entwickelte
sich ein Unterleibskrebsleiden; sie wußte wohl nicht gleich,
wie bedenklich dieses sei, wir Brüder aber wurden vom Arzt
bald benachrichtigt, daß der Verlauf nur ein tödtlicher sein
könne. Er nahm bei zwei Jahre in Anspruch. Wie viele, viele
Monate die Mutter bettlägerig war weiß ich nicht mehr; die
Schwester Mathilde war ihr die aufopferndste Pflegerin, was
bei dieser Krankheit besonders im vorgeschrittenen Stadium,
alle Hingebung bedingte, welche webt die Schwester der lie
ben Mutter [gewiß] sehr gerne widmete. Der Bruder [der auch
immer leidender wurde,] war namentlich in den letzten Mona
ten meist auch [mit] am Krankenbette der Mutter, die immer
rührendere Dankbarkeit bezeigte für jeden Liebesdienst, den
ihr die Beiden erwiesen. Am 26. Januar 1864 war der harte
Kampf ausgerungen. Da sie doch nur im engeren Kreise
wirkte, waren wohl nur wir Kinder, vollends wir drei, die ihr bis
zum Ende stets zur Seite standen, in der Lage, sie vollauf zu
würdigen. [Und doch] Sie war [sie] eine Frau, welche ihre
mannigfachen Aufgaben stets so umfassend, so überreich er
füllte, wie wohl selten eine, und doch [dabey] nie Anspruch auf
besondere Anerkennung machte, ja kaum sich dessen be
wußt schien, wie §af ausnahmsweise tüchtig, überdacht und
zweckmäßig sie stets handelte, weil ihr dies eben einfach so
gegeben war. Wir hatten gewiß vollsten Grund, der Mutter die
höchste Liebe und Verehrung zu zollen.
Wie ich schon [früher] erzählte, war der Bruder Josef in Egyp
ten an Dissenterie erkrankt. Das medizinische Wissen war lei-
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533 „Humpen und Becher“; Weltausstellung London 1862; Reproduktion
aus: Kat. London 1862, S. 161
533 Tankards and beakers; London World Exhibition 1862; reproduction
from: Kat. London 1862, p. 151
der damals bei uns noch nicht so weit, daß man dagegen das
zweckmäßigste Mittel, nämlich möglichst gute Ernährung und
dadurch Kräftigung des Körpers, anordnete - man gab nur
Medikamente. Er wurde der bösen Störung nie mehr ledig,
sein Organismus immer mehr geschwächt. Dazu kam es, daß
er nicht dazu zu bringen war, einen Erholungsaufenthalt zu
nehmen. Er fand Einige seelische Erquickung [fand er dage
gen] beim Lesen der Bibel, [oder] in Tschocke’s [Zschokke's]
„Stunden der Andacht“, die zu lesen er mir an seinem letzten
Lebenstage noch empfahl, was zu thun ich mich später wohl
auch endlich bemühte, aber nicht über die ersten Seiten hin
weg kam, da alles da Gesagte meinen Anschauungen voll
kommen entgegensteht. Er erkrankte schwerer, kam bald
nicht mehr in’s Geschäft, sondern weilte, wie bemerkt, am
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