vor seinem Hinscheiden gesagt habe, für die Zukunft seiner
Witwe werde ich sorgen, ja es folgten noch andere, sonder
bare Bemerkungen, ich erwiederte, indem ich kurz den Be
ginn, Verlauf und Abbruch des freundschaftlichen Verkehrs er
zählte, was alles den Hingeschiedenen zu solchen Äußerun
gen nicht berechtigte. Bald folgte ein recht scharf abgefaßter
Brief der Witwe, auf den nicht zu antworten ich für besser hielt,
da ich nicht ihrem gewiß schweren Kummer eine demüthi-
gende Zurechtweisung anreihen wollte. Nach drei Jahren kam
ein zweites Schreiben der Witwe, des Inhalts: - jenen Brief
habe sie nur auf Drängen der Freundin geschrieben, sie be
dauere es, ich werde übel von ihr denken; sie frage mich, ob
ich ihr ein Darlehen geben wolle, damit sie eine Nichte zu sich
nehmen könne, auf daß sie ferner nicht allein dastehe. Ich
schickte es sogleich, habe seither weder eine Zeile noch sonst
eine Nachricht erhalten. Die Episode, welche eine schwärme
risch bewegte Einleitung hatte, fand so einen prosaischen Ab
schluß.
Im Jahre 1863 und auch einige der folgenden Jahre bis 1867
kam ich mit einem Frankfurter Bankier in Ems zusammen, der
von der einen oder anderen seiner beiden Töchter begleitet
die Kur brauchte. Er stammte von Hugenotten ab, welche
Ende des vorigen Jahrhunderts aus Frankreich geflohen wa
ren [und]hatte den vornehmen Typus der Franzosen. Der Um
gang mit ihm und seinen Töchtern war mir sehr angenehm. Als
1867 König Wilhelm angesagt war, empörte sich sein doch
noch freistädtisches Empfinden, so daß er fortfahren wollte.
Ich sagte: „Gut, dann sollte ich wohl [erst recht ein] Gleiches
thun, denn auch mich schmerzen noch diese Erinnerungen an
das vorige Jahr; damit aber würde ich in den Verhältnissen gar
nichts ändern, darum werde ich meine Kur fortsetzen und den
König wie in früheren Jahren geziemend ehrerbietig grüßen,
wenn ich ihm begegne; gehen Sie fort, wird das auf den König,
selbst wenn er es erführe, keinen Eindruck machen, aber Sie
schaden sich, wenn Sie die Kur abbrechen.“ Er blieb, ich ward
nach Frankfurt zum Besuche eingeladen, fuhr hin, kam in ein
sehr nettes [gehaltenes], kleines Haus, am Main gelegen und
beinahe einfach, aber geschmackvoll eingerichtet, dabei ein
nicht großer Garten [aber] mit schönen, alten Bäumen - es
war im Ganzen ein wohliger Besitz. Die Dame des Hauses
eine würdevolle Erscheinung, vornehm, etwas förmlich, doch
nicht hochmüthig. Sie und ihre beiden Töchter stickten, als der
Kaffee im Garten aufgetragen wurde, Alles stimmte völlig und
machte einen gewinnenden Eindruck. Ich fuhr zurück nach
Ems und ging auf meinen einsamen Wanderungen mit mir zu
Rathe; die jüngere Tochter hatte es mir angethan und als ich
meine Kur vollendet hatte, stellte ich mich dort wieder zu Be
such ein, ward abermals freundlich aufgenommen und hielt
um die Hand der Tochter an, bemerkte aber sogleich, daß
nach unseren Gesetzen, falls Kinder kämen, diese katholisch
werden müßten. - „Unsere Vorfahren“, so lautete die Antwort,
„haben um des Glaubens willen ihre theure Heimat aufgege
ben, ihre Werbung ehrt mich, Sie wären mir gewiß als Sohn
willkommen, ich werde mit Frau und Tochter sprechen, be
sorge aber, daß auch diese Ihrem sonst lieben Antrag und
zwar nur [um] 6er Glaubensfrage willen nicht zustimmen kön
nen.“ Und so kam es auch, es ergab noch einen Briefwechsel,
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602 Flasche aus dem Trinkservice Nr. 136, um 1871; farbloses Glas mit
Schliff und Schnitt; Höhe: 34.6 cm (WZ III, S. 2,-3: „Trink-Service No. 136,
Krystailglas / bergkrystallartig mit Knorren u. flachen Walzen geschliffen, mit
feinen Bouquets gravirt. / nach eigenen Zeichnungen 1871.“) (PSK123)
602 Bottie from the drinking Service no. 136, about 1871; colorless glass
with cutting and engraving; height: 34.6 cm (WZ III, pp. 2, 3) (PSK 123)
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